Proteste gegen Anti-Terror-Gesetz

Auf den Philippinen haben die Behörden jetzt mehr Befugnisse im Kampf gegen Terrorismus. Kritiker fürchten, dass die neue Verordnung dazu missbraucht wird, politische Gegner kaltzustellen. Ein UN-Bericht macht das Militär für Morde verantwortlich

AUS SINGAPUR NICOLA GLASS

Die Mitglieder des Linksbündnisses Bayan sind sauer: „Wir werden noch in dieser Woche eine Petition beim Obersten Gericht einreichen!“, verkündete gestern Bayan-Generalsekretär Renato M. Reyes. Wie andere Kritiker befürchtet auch Reyes, dass das neue Anti-Terror-Gesetz der philippinischen Regierung vorrangig dazu dient, die Opposition mundtot zu machen. „Es wird die Bürgerrechte niedertrampeln“, sagt seine Kollegin Carol Araullo.

In den vergangenen Tagen gingen immer wieder Aktivisten gegen das neue Gesetz auf die Straße. Es ist das erste Mal, dass sich eine Verordnung speziell auf terroristische Akte bezieht. Darunter fällt alles, was laut offizieller Definition für „weitverbreitete Angst und Panik unter der Bevölkerung“ sorgen könnte. Demnach können mutmaßliche Verdächtige bis zu drei Tage ohne formelle Anschuldigung festgehalten werden. Den Behörden wird außerdem erlaubt, Verdächtige schärfer zu überwachen, ihre Telefone anzuzapfen oder deren Konten zu beschlagnahmen. Bei einem richterlichen Schuldspruch drohen einem Angeklagten bis zu 40 Jahre Haft.

Neben anderen Kritikern hatte auch die einflussreiche Katholische Bischofskonferenz auf den Philippinen vergeblich an die Regierung appelliert, das neue Gesetz, auch „Human Security Act“ genannt, noch einmal zu überarbeiten. Für viele Beobachter ist die neue Verordnung deutliches Indiz für die sich weiter verschlechternde Menschenrechtslage in dem überwiegend von Katholiken bevölkerten Land.

Seit der Amtsübernahme von Präsidentin Gloria Arroyo im Januar 2001 sind mehr als 800 Menschen extralegalen Hinrichtungen zum Opfer gefallen. Mindestens die Hälfte davon seien linksgerichtete AktivistInnen gewesen, bilanziert die philippinische Menschenrechtsorganisation Karapatan. Zudem gelten mehr als 200 Menschen als vermisst. Zu den Ermordeten und spurlos Verschwundenen gehören unter anderem Oppositionelle, Journalisten, Gewerkschaftsführer und Kirchenvertreter. Eine juristische Aufarbeitung ist bislang nicht in Sicht.

Die politisch motivierten Morde und die Untätigkeit der Regierung in Manila riefen schließlich die Vereinten Nationen auf den Plan. UN-Sonderberichterstatter Philip Alston hatte nach einem zehntägigen Besuch im Februar dieses Jahres schwere Vorwürfe gegen das Militär erhoben. Es „verharre in einem Zustand der Leugnung“, hatte Alston erklärt, obwohl es zwingende Argumente dafür gebe, dass die Armee für viele der Morde verantwortlich sei. Das Militär hingegen hatte die Anschuldigung als „haltlos“ zurückgewiesen: Man habe Beweise vorgelegt, dass kommunistische Rebellen hinter vielen politischen Morden steckten und es sich um einen „internen Krieg“ handele.

Menschenrechtsgruppen befürchten, dass die Verbrechen auch nach der neuen Gesetzgebung ungehindert weitergehen werden. Das Anti-Terror-Gesetz werde den Militärs bei ihrer Jagd auf Oppositionelle und linksgerichtete Aktivisten fortan sogar den legalen Vorwand liefern, unliebsame Kritiker als „Terroristen“ brandmarken zu können, hieß es am Sonntag. Die Konflikte mit islamistischen und maoistischen Gruppen auf den Philippinen könnten sich demnach verschärfen.

Einen Vorgeschmack auf die heutige Lage hatten Kritiker bereits im Jahr 2006 zu spüren bekommen. Damals verkündete Präsidentin Arroyo nämlich eine „Anti-Terror-Kampagne“, um die Guerillaorganisationen bis Ende 2008 zerschlagen zu können. Die zunehmende Zahl politischer Morde, so Menschenrechtler, seien vor allem dieser Kampagne zuzuschreiben. Das Militär habe auf diese Weise mit vermeintlichen Anhängern der Kommunisten und der maoistischen Guerillaorganisation Neue Volksarmee (NPA) aufräumen wollen.