Der Deutsche

Normalerweise gibt es Schlimmeres für einen Fußballer, als für die brasilianische Nationalmannschaft zu spielen – wenn man einmal vom WM-Halbfinale 2014 absieht. Für Ronaldo Aparecido Rodrigues, genannt Naldo, erfüllte sich dieser Kindheitstraum viermal. Doch nun klingt leichtes Bedauern an: „Leider kann ich nicht mehr für Deutschland spielen, ich habe schon für Brasilien gespielt.“

Ohne seine Einsätze in der Seleção stünde der 32-jährige Innenverteidiger des VfL Wolfsburg seit zwei Tagen für das DFB-Team bereit, denn er hat im Wolfsburger Rathaus die deutsche Staatsbürgerschaft überreicht bekommen. „Das ist eine große Ehre für mich und meine Familie. Ich fühle mich so wohl in Deutschland“, bedankte er sich artig. Und verriet: „Mein Sohn hat mich fast jeden Tag gefragt, wann wir endlich Deutsche werden.“ Ihren brasilianischen Pass behalten Eltern und Kinder.

Selbst sein Bekenntnis zu Pünktlichkeit und Bratwurst befreiten ihn und seine Frau Carla nicht vom Einbürgerungstest. „Wir haben jeden Abend eine Stunde gelernt“, sagte er. Seine flüssige Aussprache verriet, dass er seit seinem Wechsel von Werder Bremen zum VfL Wolfsburg im Jahr 2012 auch an der deutschen Sprache gearbeitet hat. In Bremen, wohin ihn der damalige Werder-Manager Klaus Allofs 2005 für drei Millionen Euro Ablöse verpflichtete, stand ihm ein Dolmetscher zur Verfügung.

Naldo gilt in Wolfsburg als torgefährlichster Abwehrspieler. „Wenn es bei uns mal nicht so klappt, dann haben wir ja noch Naldo“, sagt sein Teamkollege Maximilian Arnold. Drei Treffer stehen auch in dieser Saison schon wieder für ihn zu Buche. Dabei hätte vor vier Jahren kaum jemand damit gerechnet, dass Naldo überhaupt nochmal auf Torjagd geht. 15 Monate fiel er vom Frühjahr 2010 an wegen einer Knieverletzung aus. Als Wolfsburg ihn 2012 verpflichtete, galt das als hohes Risiko. Inzwischen wurde sein Vertrag bis 2016 verlängert. Denn er läuft und läuft und läuft. Demnächst eben als Deutscher.  RLO