Fachärzte fürchten Reform

ÄRZTE Das „Versorgungsstrukturgesetz“ soll die ambulante Betreuung Schwerkranker erleichtern. Die Kassenärztliche Vereinigung warnt

„Als Land haben wir künftig nur noch ein Beanstandungsrecht.“

Karla Goetz, Gesundheitsressort

Spezialärzte? Sowas gibt es bislang nicht. Aber es wird sie geben, wenn es nach dem Bundesgesundheitsministerium geht. Das will mit dem geplanten Versorgungsstrukturgesetz die Versorgung von Kassenpatienten verbessern. Dazu soll es künftig Spezialärzte geben, die Experten für bestimmte schwere Krankheiten sind.

Nicht alle begrüßen dieses Vorhaben. „In Bremen ist dadurch die Existenz von Fachärzten gefährdet“, sagt Jörg Hermann, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen (KVHB). Letzte Woche hat das Bundeskabinett den Entwurf zum Versorgungsstrukturgesetz gebilligt. Demnach können sich Mediziner künftig Spezialarzt nennen, wenn sie etwa besonders für die Behandlung von HIV/AIDS, Multiple Sklerose oder Krebs qualifiziert sind. So sollen teure stationäre Aufenthalte verhindert werden.

Fatal, findet Hermann. „Für den Patienten wird das keinen Vorteil bringen, auch wenn es zunächst so aussieht.“ Da die ambulante spezialärztliche Versorgung sowohl in Fachpraxen als auch in Kliniken stattfinden soll, fürchtet die KVHB um ihre Mitglieder: „Fachpraxen sind kleine Unternehmen“, so Hermann. Niedergelassene Ärzte müssten ihre technische Ausstattung selbst finanzieren, Kliniken würden staatlich unterstützt. Das Geld für die Behandlungen durch Spezialärzte soll laut Regierungsentwurf aus dem Topf der Kassenärzte kommen. Fachpraxen könnten auf lange Sicht nicht gegen diese neue Konkurrenz bestehen, glaubt Hermann.

Für HIV-infizierte Patienten funktioniere das Wechselspiel zwischen Fachärzten und Kliniken schon seit Jahren, sagt Silke Eggers von der Deutschen Aidshilfe. „Die meisten Patienten werden schon durch Fachärzte betreut.“ Allerding sei eine Konkurrenzsituation in den Städten vorstellbar. Denn Voraussetzung für die Zulassung als Spezialarzt ist lediglich die Qualifikation, nicht der Bedarf.

Damit ist Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) nicht zufrieden: „Als Land haben wir künftig nur noch ein Beanstandungsrecht“, sagt Karla Götz, Ressortsprecherin. Wer sich als Mediziner Spezialarzt nennen möchte, muss das nach Inkrafttreten des Gesetzes bei der Behörde nur anzeigen. Diese prüft dann, ob die Qualifikation ausreicht. Als Maßstab dient eine Checkliste des Bundes. Götz: „Eigentlich hatten sich die Länder mehr Mitspracherecht bei der Bedarfsplanung gewünscht.“ Das sei mit dem Gesetzesentwurf nicht berücksichtigt worden.

Begrüßt wird die Einführung der spezialärztlichen Versorgungsebene hingegen von den kommunalen Krankenhäusern. Der Klinikverbund Gesundheit Nord sieht dabei kein Problem für niedergelassene Fachärzte: „Wir wollen keine Konkurrenz zu den Arztpraxen schüren“, sagt Sprecher Daniel Goerke. „Die betroffenen Patienten haben wir sowieso schon in den Tageskliniken und Ermächtigungsambulanzen.“ Laura Koch