Uns interessiert die Bohne

Der große Kochbuchtest: Anfänger wollen lernen, wie man Bohnen gart und Fleisch zubereitet. Fortgeschrittene interessiert, wie man Altbekanntes mit neuen Aromen zubereiten kann

VON CAROLA RÖNNEBURG

Ein junger Mensch, dem ich hier Informantenschutz gewähre, berichtete mir vor kurzem von seinem ersten Kochversuch. Geplant war ein einfaches Nudelgericht. Sein Unterfangen scheiterte nicht etwa an der Sauce, sondern an der Grundzutat: Mein Gewährsmann gab die Spaghetti – wie einen Kochbeutelreis – mitsamt der Plastikverpackung ins kochende Wasser. Dies ist Anlass genug, einmal von Kochbüchern zu erzählen. Ich bat die führenden Kochbuchhandlungen der Republik um Empfehlungen, und Brit Lippold aus Berlin, (kochlust-berlin.de), Martina Olufs in Hamburg (koch-kontor.de) sowie Dieter Eckel aus Köln (buchgourmet.com) gaben bereitwillig Auskunft.

Welches ist ein gutes Grundkochbuch? Unsere Kochbuchhändler nannten freundlicherweise drei verschiedene Titel: das „Kiehnle Kochbuch“ (Hädecke Verlag), „Kochen. Das neue Buch mit dem Löffel“ (Zabert Sandmann) und „Die große Schule des Kochens“ von Anne Willan (Christian Verlag). Alle drei Bücher erklären Küchentechniken in Wort und Bild und gelten als Klassiker, besonders das „Kiehnle Kochbuch“, von der Schwäbin Hermine Kiehnle 1912 zuerst im Selbstverlag veröffentlicht. Um aber festzustellen, wie geeignet diese Bücher für lernwillige Anfänger sind, mussten sie sich einige Fragen gefallen lassen – zum Beispiel die nach der Garzeit von Bohnen als Beilage. Die Antworten fallen überraschenderweise verschieden aus. Der, nein die „Kiehnle“ setzt Bohnen gar nicht als Beilage ein, sondern kennt nur Bohnenmahlzeiten aus dem Ofen, die eine halbe Stunde vor sich hin schmoren. Auch „Kochen“ wartet zwar mit zwei Rezepten für Bohnengerichte auf, bei denen das Gemüse zunächst blanchiert wird, lässt aber grundsätzliche Aussagen vermissen. Ob man nämlich Bohnen immer so behandeln sollte oder nur bei diesen Rezepten, wüsste der Küchenneuling sicher gern. Die „Große Schule des Kochens“ ist es, die genauestens aufklärt und sogar jede Garmethode samt Garzeiten nennt.

Stärker als verhunzte Bohnen kann ein ruiniertes Stück Fleisch demotivieren. Eine weitere und daher wichtigere Frage an die Grundkochbücher ist die nach der Garzeit von Fleisch, speziell als Braten. „Kochen“ präsentiert ausgesprochen appetitanregende Rezepte für Schweine-, Reh- und Rinderbraten. Doch was ist, wenn man beispielsweise mehr oder weniger als exakt 1,5 Kilogramm Braten zubereiten will? Die Minuten-pro-Pfund-Faustformeln fehlen, sowohl in der „Kiehnle“ als auch der „Großen Schule“ sind sie jedoch detailliert aufgeführt.

Auf diese Weise gelöchert, zeigen die Bücher ihr Profil. So ist etwa Sushi der bodenständigen „Kiehnle“ fremd, die beiden anderen sind damit vertraut. Andererseits taucht die Milz in „Kochen“ nicht auf, und nur die „Kiehnle“ beschäftigt sich auch mit der Woll- beziehungsweise Milzwurst. Ähnlich verhält es sich mit Fisch: Den schmackhaften Hering – immerhin einer der wenigen Fische, die man angesichts der rücksichtslosen Ausrottung von Arten noch guten Gewissens essen kann – berücksichtigen nur „Die große Schule“ und „Kiehnle“.

Für die ersten Aktionen am eigenen Herd sind sicher alle drei Werke geeignet. Für ein langes gemeinsames Leben – und das sollte der Anspruch an ein Grundkochbuch sein – bringt „Die große Schule des Kochens“ aber am meisten mit und kann immer wieder als Nachschlagewerk dienen; selbst dann, wenn es darum geht, Chilisorten voneinander zu unterscheiden und sich über ihren Schärfegrad zu informieren. Die „Kiehnle“ mutet dagegen sehr rustikal an, sollte aber nicht unterschätzt werden: Wer sich für die deutsche Küche interessiert, findet hier eine allwissende Ersatzmutter. Von „Kochen. Das neue Buch mit dem Löffel“ wiederum können Anfänger viel lernen und sich vor allem dank praktikabler Rezepte ehrlich verdiente und sehr schmackhafte Erfolgserlebnisse verschaffen. Ein zweites Buch wird jedoch immer nötig sein, um dazuzulernen.

Womit wir bei der zweiten Stufe wären. Wenn erst Spaghetti unfallfrei im Topf landen und Braten gelingen: Wie dann weiter? Die Empfehlungen von Brit Lippold, Martina Olufs und Dieter Eckel lauten: „Das Würzen“ (Graefe + Unzer), „Schwein und Sohn“ (Christian Verlag) und „Das Teubner Saucenbuch“. An dieser Wahl gibt es auch nach kritischem Studium nichts auszusetzen, sieht man davon ab, dass „Schwein und Sohn“ – ein wahres Schweinekochbuch – etwas aufdringlich terroir samt abgelichteter Einwohner beschwört. Trotzdem ist dies ein schönes Buch, gerade für deutsche Schweinefleischkonsumenten. Es informiert, zum Beispiel über Wurst und Schinken, und regt überzeugend an, sich an Schweinsfüßen zu versuchen.

„Das Würzen“ und das „Teubner Saucenbuch“ fallen dagegen erneut in die Rubrik Klassiker, aber nicht umsonst. Wenn die ersten großen Ängste beim Kochen keine große Rolle mehr spielen, können beide Titel der Fortentwicklung dienen: Gute Saucen machen glücklich, und was Bettina Matthaei, Grafikerin und Drehbuchautorin, zum Thema Würzen zu sagen hat, ist unbedingt lesenswert: Selten hat jemand so präzise aufgezeigt, was Kochen so schön macht, wenn die Basiskenntnisse vorhanden sind: Man bleibt beim Alten und versetzt es mit neuen Aromen. Vorausgesetzt, die Plastikverpackung ist nicht im Spiel.