„Beweidung schützt“

Vortrag Warum Grünland-Kühe dem Klima eher helfen als zu schaden, erklärt Anita Idel in Borgfeld

■ 58, promovierte Veterinärmedizinerin, Lead-Autorin des Welt-Agrarrates. Ihr Buch „Die Kuh ist kein Klimakiller“ prägt die aktuelle Diskussion um den Zusammenhang zwischen Landwirtschaft und Treibhauseffekt

taz: Wollen Sie den Ruf der Kuh retten, Frau Idel?

Anita Idel: Ja. Denn Gras und Graser bilden seit Urzeiten ein geniales Team.

Furzende Kühe gelten aber als Klimakiller!

Nicht Klimagase an sich sind böse. 50 Millionen rülpsende Bisons auf den Prärien Nordamerikas haben das Klima nicht gekillt. Es geht um das „Zuviel“ in der Atmosphäre – provoziert durch gigantische Kohlenstoffmengen aus fossiler Energie. Die industrialisierte Landwirtschaft produziert mit hohem Energieeinsatz Unmengen Futtermittel – und 70 Prozent des eiweißreichen Futters in der EU werden importiert.

Immer mehr Rinder werden mit Kraftfutter gefüttert, das mit synthetischem Dünger angebaut wird…

…und da muss man sich wundern, warum wir keine Lachgasdebatte haben. Denn Lachgas entsteht vor allem bei der synthetischen Stickstoffdüngung und ist 312mal so klimaschädlich wie Kohlendioxid.

Was folgt daraus?

Die Notwendigkeit einer nachhaltigen Landwirtschaft mit geringem Ressourcenverbrauch und die Reduzierung des Fleischkonsums. Die Agrarförderung führt zu Preisen, die nicht die Produktionswahrheit spiegeln: Es ist absurd, dass nachhaltige Produkte oft teurer sind als jene, für die Regenwälder abgeholzt und Äcker überdüngt wurden.

Was steht auf der „Haben-Seite“ der Kühe in punkto Klima?

Dauergrünland bedeckt 40 Prozent der globalen Landfläche und ist ein gigantischer Kohlenstoffspeicher. Nachhaltige Beweidung schützt vor Erosion und befördert die Speicherung von Kohlendioxid: Jede zusätzliche Tonne Humus entzieht der Atmosphäre 1,8 Tonnen Kohlendioxid. Interview: MNZ

20 Uhr, Landhaus Borgfeld, Warfer Landstr. 73 – Tram 4, Haltestelle „Truper Deich“