TOUR-APOTHEKE (11)

Ephedrin: Was Junkies lange schätzten, kann auch für den gemeinen Radprofi nicht ganz falsch sein. Zumal die Tour jetzt in ihre härteste, letzte Woche geht. Da lohnt es sich, etwas tiefer in die Reiseapotheke zu greifen. Ephedrin ist das Hauptalkaloid der chinesischen Pflanze „ma huang“ (Meerträubel) und steckt in vielen Erkältungsmitteln, die bei Husten, Schnupfen und Bronchitis gerne genommen werden. Das segensreiche Wirkungsspektrum ähnelt dem des Adrenalins. Der Körper wird auf Flucht und Hochleistung programmiert. Ephedrin erweitert die Blutgefäße, verbessert die Atmung. Das Herz erhöht seine Schlagzahl, die Leber setzt reichlich Glukose frei, die Muskulatur wird besser durchblutet, und der Mensch wird wacher. Obacht! Bei hohen Dosen und unter extremen Wettkampfbedingungen können heftige Nebenwirkungen auftreten: Unruhe, Angstgefühl, Halluzinationen, Muskeltremor, Blutdruckanstieg, Herzrhythmusstörungen, Schlaflosigkeit, Krämpfe, Kreislaufkollaps, psychische Abhängigkeit. Ausrede des Tages: „Es muss an meiner Spezialdiät liegen.“ (Skilangläufer Johann Mühlegg, bei Olympia 2002 des Blutdopings mit Epo-ähnlichen Substanzen überführt) MANFRED KRIENER