London steht wegen Iran in der Kritik

Die Affäre der gefangenen Marineangehörigen hat ein Nachspiel: Wer erlaubte die Medieninterviews?

DUBLIN taz ■ Wer hat den britischen Soldaten, die 13 Tage lang im Iran gefangen waren, eigentlich erlaubt, ihre Geschichte an die Medien zu verkaufen? Der Auslandsausschuss des Londoner Unterhauses klagte in einem Bericht, der am Wochenende veröffentlicht wurde, es sei „höchst unbefriedigend“, dass eine frühere Untersuchung zu keinem Ergebnis bei der Suche nach einem Schuldigen gekommen sei.

Die iranischen Sicherheitskräfte hatten im März im Schatt al-Arab, dem Grenzfluss mit dem Irak, 15 britische Marineangehörige festgenommen, weil sie in iranische Hoheitsgewässer eingedrungen sein sollen. Die britische Regierung bestreitet das. Nach ihrer Freilassung verkauften zwei von ihnen ihre Berichte von der Gefangenschaft.

Faye Turney, die einzige Frau unter den Gefangenen, soll rund 100.000 Pfund vom Boulevardblatt Sun und dem Fernsehsender ITV bekommen haben. Arthur Batchelor, mit 20 der jüngste in der Gruppe, hat seine Geschichte für weit weniger an den Daily Mirror verkauft. Wegen der wütenden Proteste von der Opposition, von Teilen der Armeeführung und Angehörigen der im Irak getöteten Soldaten verhängte Verteidigungsminister Des Browne ein Verbot für weitere Interviews.

Der Verkauf der Geschichte habe Großbritanniens internationalem Ansehen geschadet, befand der Auslandsausschuss. Der Vorsitzende Mike Gapes sagte, das sei einer der größten Fehler der ganzen Episode gewesen. „Das Verteidigungsministerium hat nicht bedacht, wie das international aufgenommen würde“, sagte er. Die Koordination in der Regierung sei nach der Freilassung der Soldaten zusammengebrochen.

Das Außenministerium hingegen sei für seine geschickte Diplomatie zu loben: „Zwar hat es wohl einige taktische Fehler gegeben, aber es ist schwierig, die allgemeine Herangehensweise zu kritisieren.“ Schließlich habe das Außenministerium damals gewarnt, dass es ein schwerwiegender Fehler sei, den Soldaten zu gestatten, ihre Geschichte zu verkaufen. Dennoch habe es ihnen dann irgendjemand erlaubt. Es sei sehr bedauerlich, meint der Ausschuss, dass der ehemalige Chefredakteur der BBC-Nachrichten, Tony Hall, der die damalige Untersuchung leitete, nicht herausfinden konnte, wer dafür verantwortlich war.

Darüber hinaus habe die Regierungsentscheidung, die Sache vor die UNO zu bringen, die Freilassung von Turney verzögert.

Die Abgeordneten kritisierten außerdem, dass die Regierung erst dann den zuständigen iranischen Politiker kontaktiert habe, nachdem der ein Fernsehinterview gegeben hatte – eine Woche nach der Gefangennahme der Soldaten. Ali Larijani vom iranischen Sicherheitsrat hatte im britischen Sender Channel 4 zugesagt, die 15 Soldaten nicht vor Gericht zu stellen. Dieser Kontakt zu einer Schlüsselfigur in der Angelegenheit „konnte und musste früher aufgenommen“ werden, heißt es in dem Bericht.

Abschließend mahnt der Auslandsausschuss: „Wir empfehlen, dass die Regierung in ihrer Antwort auf unseren Bericht erklärt, ob eine interne Untersuchung vorgesehen ist, [und] welche Lektion sie aus dem Versagen gelernt hat, rechtzeitig die richtigen Verhandlungspartner in der iranischen Regierung zu kontaktieren.“ RALF SOTSCHECK