G-8-Flüge ohne Chefs

Die Tornado-Einsätze über den Camps der Gipfelgegner soll die Rostocker Polizei alleine verantwortet haben

BERLIN taz ■ Als die Bundeswehr-Tornados zu ihren umstrittenen Extraflügen während des G-8-Gipfels in Heiligendamm abhoben, waren die zuständigen Regierungen in Berlin und Schwerin darüber angeblich nicht im Bilde. Nach Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) versicherte am Wochenende auch Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU): Sein Haus sei über die „zusätzlichen notwendigen Aufklärungsmissionen sowie über die Aufklärungsräume und Strecken vorab nicht informiert“ gewesen. Die „Kavala“-Sondereinheit der Rostocker Polizei habe ganz allein die umstrittenen zusätzlichen Flüge angefordert, zitiert die Bild am Sonntag den Minister.

Eine Sprecherin Caffiers bestätigte am Sonntag die Äußerungen des Ministers. Sie wies aber die Darstellung des Blattes zurück, wonach der Rostocker „Kavala“-Chef Knut Abramowski die fünf zusätzlichen Tornado-Einsätze damit „völlig eigenmächtig“ angeordnet habe.

Der Rostocker Polizei sei vor dem Gipfel ausdrücklich die Verantwortung für die Einsätze übertragen worden, erläuterte die Ministeriumssprecherin: „Wenn man jemandem die Verantwortung überträgt, dann hat er auch die Kompetenz, das in seinem Fachbereich zu regeln“, sagte sie der taz. Eine solche Einscheidung sei nicht „eigenmächtig“. Zudem habe Caffier bereits Ende Juni öffentlich erläutert: Wie viele Flüge für die Sicherung des Gipfels „erforderlich“ waren, „musste der Entscheidung der Fachleute überlassen bleiben“.

In Berlin sorgte die Nachricht dennoch für Verwunderung. „Die Vorgänge sind bedenklich“, mahnte der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz: „Weder Jung noch Caffier geben hier ein gutes Bild ab.“ Die Linkspartei-Abgeordnete Petra Pau kritisierte, die Minister versuchten offensichtlich, den Schwarzen Peter weiterzureichen: „Am Ende der Abwiegelungskette wird der Tornado wohl ohne jegliche Order losgeflogen sein.“

Ursprünglich hatte Verteidigungsminister Jung nur zwei der sieben Tornado-Flüge während des Gipfels genehmigt. Ein weiterer ging nachträglich als Demonstrationsflug für die Kavala-Einheit durch. Die anderen vier Flüge gab Kavala laut einem Bericht des Verteidigungsministeriums direkt beim Aufklärungsgeschwader 51 in Auftrag. Dem Bericht zufolge erweiterte die Polizei auch auf eigene Faust die Liste der zu überwachenden Ziele und fügte unter anderem die drei Camps der Gipfelgegner hinzu. ASTRID GEISLER