Urängste reichen völlig

QUAL Amnesty International eröffnet ersten „Foltershop“. Die Ausstellung zeigt viele Alltagsgegenstände

„Folterer haben eine große Fantasie“ steht auf einem Plakat am Eingang. Grelle Neonröhren beleuchten den Ausstellungsraum. Das Thema an diesem Ort: „Alltagsgegenstände werden zu Folterinstrumenten“.

Am Dienstag öffnete Amnesty International den ersten „Foltershop“. „30 Jahre nach der UN-Antifolterkonvention ist Folter trotz des zwingenden Verbots weiterhin alltäglich“, heißt es in der Pressemitteilung. „Die Antifolterkonvention muss endlich mit Leben gefüllt werden“, so Maria Scharlau, Expertin für internationales Recht.

Folterinstrumente müssen nicht so martialisch wirken wie im Mittelalter, das führt die Ausstellung in der Brunnenstraße mit dem provokanten Namen anschaulich vor Augen. Es sind Alltagsgegenstände, die hier gezeigt werden – Bügeleisen, Bohrmaschinen, Hämmer. Über ihnen hängen erklärende Tafeln. Plastiktüten, Nadeln und Zigaretten liegen auch aus, mit einfachsten Mitteln kann man Menschen drangsalieren. „Aber wie foltert man jemanden mit Musik?“ Das Schild über den Kopfhörern erklärt: „Extrem laute Musik über längere Zeit führt zu Schlafentzug, Realitätsverlust und Schädigung des Gehörs.“

Beim effektiven Foltern spielen physische und psychische Komponenten Hand in Hand. Man braucht keine aufwendigen Maschinen und Keller voller Instrumente, um Geständnisse zu erpressen, das zeigt die Ausstellung auch. Folterer setzen auf banale „Urängste“ wie Dunkelheit. Der „Folterkeller“ verdeutlicht das. Drinnen ist es beklemmend, totale Dunkelheit. Nur wenn der Vorhang kurz zur Seite gezogen wird, erkennt man einen Stuhl im Raum. Eine Frauenstimme spricht, die Akustik ist dumpf. Sie sagt: „Ein kahler Raum. Seit Tagen kein Schlaf. Kurz vorm Einschlafen. Ein Schlag ins Gesicht.“ Ein Besucher verlässt den Raum sofort wieder. „Ungemütlich“, sagt er. STEFANIE BAUMEISTER