LESERINNENBRIEFE
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Das ist Bevormundung

■ betr.: „Vermummungsverbot jetzt!“, taz vom 2. 12. 14, LeserInnenbriefe „Problem Frau“, taz vom 8. 12. 14

Liebe leserInnenbriefschreibende Burkaverbotgutfindende: 1. Bitte schaut euch um, von wem ihr Beifall bekommt. Das ist kein Ausschlussgrund: aber lasst es auf euch wirken. 2. Ein Burkaverbot ist, anders als die von Frau Oestreich vorgeschlagene Alternative einer öffentlichen „Gesichtszeigepflicht“, eine frauenspezifische Kleiderordnung. Staatliche Verbote, die nur Frauen treffen, sind frauendiskriminierend. Sie sind damit ziemlich exakt auf dem Niveau derer, die Frauen staatlicherseits eine Burka vorschreiben. 3. Dasselbe gilt für Kopftuchverbote, die ebenfalls eine frauenspezifische, in diesem Fall berufsbezogene Kleiderordnung darstellen. Dies ist anachronistisch und sollte abgeschafft werden.

Wenn’s bei beiderlei Geschlecht um Befreiung vom Zwang zu Fiesem geht, dann neben Kopftuch und/oder Burka bitte auch die ultrahässlichen Kinn- und Backenbärte verbieten: anders als Kopftuch und selbst Burka nicht mal zu Hause ablegbar! Warum will niemand die jungen Männer schützen? Weil es total normal ist, Frauen zu bevormunden, und man bei Männern plötzlich merkt: Ups, das ist ja Bevormundung. Lasst die Frauen einfach in Ruhe, lasst sie Lehrerinnen werden. Auch wenn sie im Unterricht Baskenmütze tragen möchten. SILKE KARCHER, Berlin

Eine echte Enttäuschung

■ betr.: „Kein Bückling vor Putin“, taz vom 8. 12. 14

Was Dominic Johnson schreibt, ist sehr ärgerlich. Gerade im 100. Jahr des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges kann man viel darüber lesen, wie ein Krieg ausbrechen konnte. Es ist kein Kotau vor Putin, den ich als Politiker überhaupt nicht schätze, wenn Politiker für Mäßigung und Verhandlungen ohne Drohkulisse plädieren. Herr Johnson unterschlägt, um es mit seinen Worten zu sagen, „woran es liegt, dass es heute keine gleiche Sicherheit gibt in Osteuropa“. Was ist passiert seit 1989? Wo steht die Nato heute? Ich habe eine Menge anderer Berichte in der taz gelesen, die über geostrategische amerikanische und EU-Interessen berichteten. Über Amerikas Interessenpolitik in Europa, über Interesse an Zugängen zum Öl usw. Natürlich ist auch die Meinung von Herrn Johnson legitim und kann Platz finden in der taz. Aber auf der Titelseite? Für mich eine echte Enttäuschung.KLAUS-PETER VOLKMANN, Hattingen

Die Macht des Faktischen

■ betr.: „Kein Bückling vor Putin“, taz vom 8. 12. 14

es geht nicht um bücklinge vor putin, sondern darum, dass die verantwortlichen der westlichen staaten die macht des faktischen anerkennen. Ob man es gut findet oder nicht, ohne russland oder, wenn man so will, ohne putin, gibt es keine positive entwicklung in der ukrainekrise. daher ist es notwendig, putin ohne gesichtsverlust für ihn aus der ecke zu bekommen, in die er sich, leider auch mit hilfe einer ungeschickten eu, hineinmanövriert hat. in dieser mission, die diplomatisches geschick, von dem man bisher wenig gesehen hat, verlangt, könnte deutschland sehr wohl eine rolle spielen.DIRK BRAUN, Tangstedt

Monströse Geschichtsklitterung

■ betr.: „Welche Lehre aus der Geschichte?“, taz vom 8. 12. 14

Frau Beck wirft den Unterzeichnern „erschreckende Geschichtsvergessenheit“ vor, ist sich aber nicht zu schade, sich einer monströsen Geschichtsklitterung zu bedienen. Seit Langem schon von deutlich erkennbarer Hybris getrieben, beansprucht sie die Definitionshoheit dessen, was richtige Russland-Politik sei, ohne sich jetzt zu scheuen, die Haltung der Unterzeichner in einen Zusammenhang mit dem Hitler-Stalin-Pakt zu rücken. Das ist an Infamie nicht zu überbieten. PETER MICHEL, Ravensburg

Diskussionsniveau

■ betr.: „Welche Lehre aus der Geschichte?“, taz vom 8. 12. 14

Das Diskussionsniveau Ihrer Kommentatoren einschließlich Frau Marieluise Beck lässt sehr zu wünschen übrig: Was die Lehren aus der Geschichte angeht, gilt zuallererst, dass sowohl der Erste als auch der Zweite Weltkrieg gegen Russland von deutschem Boden ausgingen, somit Russlands Sicherheitsinteressen sehr verständlich sind. DIETRICH LAU, UTE RIPPEL-LAU, Hamburg

Westschlagseite

■ betr.: „Kein Bückling vor Putin“, taz vom 8. 12. 14

Johnsons Ratschlag, vor Putin nicht einzuknicken, ist jämmerlich. Befassen Sie sich doch endlich mit russischer Geschichte, mit dem russischen Politik- und Rechtsverständnis, lernen Sie, was Putin und Co. unter Nation und Souveränität verstehen, erkennen Sie die Völkerrechtsbrüche, feindseligen Sanktionen und Provokationen des Westens unter dem Banner der „besseren Werte“. Kapieren Sie endlich, dass Kiew und die Krim lange Zeit zu Ursprungsgebieten Russlands zählten und dass die Schenkung der Krim an die Ukraine durch Chruschtschow ein Akt unter sowjetischen Brudervölkern war. Ich habe die taz nicht abonniert, um hier die gleiche Westschlagseite vorgesetzt zu bekommen wie von den vielen Stromlinienmedien. WULF OVERDYCK, Tübingen