„Am meisten machen die Besitzer falsch“

Die Post schickt ihre Zusteller zu Seminaren, in denen sie den Umgang mit Hunden lernen. Was sie da beigebracht bekommen und warum es damit nicht getan ist, weiß Hundetrainerin und Seminarleiterin Cornelia Scherping

CORNELIA SCHERPING, 47, hat über 30 Jahre Erfahrung mit Hunden. Neben der Arbeit als Kripo-Beamtin gibt die Hamburgerin Kurse für Postboten.

taz: Frau Scherping, erst gestern haben Sie wieder norddeutsche Postboten im Umgang mit Hunden unterrichtet. Ist in der Beziehung zwischen den beiden überhaupt etwas zu retten?

Cornelia Scherping: Zu retten ist natürlich immer etwas. Im Jahr 2005 gab es bundesweit 2.000 Unfälle zwischen Zusteller und Hund. Schulungen können ein Baustein sein, um diese Zahlen zu verbessern.

Wer macht denn eigentlich etwas falsch, der Hund oder der Postbote?

Das kann man so generell nicht sagen. Es gibt Hunde, vor denen man sich auch mit einem guten Wissen über ihr Verhalten nicht schützen kann. Da sind dann die Hundebesitzer gefragt. Die machen eigentlich am meisten falsch.

Was können Hundebesitzer denn verbessern?

Sie sollten es möglich machen, dass der Hund den Zusteller kennen lernt. Wenn der Hund es aber überhaupt nicht mag, dass jemand auf das Grundstück kommt, müssen die Besitzer ihn so sicher halten, dass es zu keinen Vorfällen kommt.

Was reizt Hunde eigentlich so an Postboten?

Zum einen haben Zusteller eine Mixtur von Gerüchen an sich, die schon sehr interessant auf Hunde wirkt. Außerdem ist das Verhalten des Postboten immer gleich: Er kommt auf das Grundstück, wirft die Post ein und geht. Für den Hund stellt sich das anders dar: Jemand dringt in sein Revier ein, er verbellt den Eindringling und er hat auch noch Erfolg damit. So entsteht ein Grundmuster in der Beziehung von Zustellern und Hunden.

Was bringen Sie den Postboten bei, was in einer Gefahrensituation zu tun ist?

Sich ruhig zu verhalten und zu warten, bis der Hund herangekommen ist. Der größte Fehler wäre sich umzudrehen und wegzulaufen – der Hund wird immer schneller sein. Schnelle, ruckartige Bewegungen und direkten Blickkontakt sollte man außerdem vermeiden. Eine entspannte Körperhaltung wirkt auch entspannend auf den Hund.

Sehen wir demnächst Postboten auf allen Vieren?

Auf gar keinen Fall! Natürlich kann man so einen guten Kontakt zu den meisten Hunden herstellen. Aber da muss man zuerst an die eigene Sicherheit denken.

Was raten Sie Postboten, die eine Hundephobie haben? Müssen die sich einen anderen Job suchen?

Möglicherweise ja. Aber zunächst einmal braucht so jemand eine richtige psychologische Behandlung. Das kann mein Seminar gar nicht leisten.

Hatten Sie schon Teilnehmer mit einer solchen Hundephobie?

Ja, in einem Kurs war eine Frau, die auch vor meinen Hunden, die ja nun wirklich gut erzogen sind, große Angst hatte. Diese Angst kann ich in eineinhalb Stunden natürlich nicht nehmen. Ich kann nur versuchen, Verständnis dafür zu wecken, warum Hunde sich so verhalten, wie sie es tun. Und ich kann erklären, was man selbst tun kann, um aggressives Verhalten bei Hunden nicht zu provozieren.INTERVIEW: BENJAMIN GEHRS