Vorsicht bei der Legendenbildung

betr.: „Dem Nachdenken eine Spielwiese. Die Zukunft der WDR-Kinoredaktion ist ungewiss“, taz vom 16. 7. 07

Die Legenden im Ruhestand und die Zukunft der WDR-Filmredaktion im Ungewissen. Aber Vorsicht bei der Legendenbildung. Wenn schon Namen und Einschätzungen, dann ein bisschen vollständiger. Also: Da gab es Reinholf E.Thiel, den Vorgänger von Georg Alexander. Thiel war Mitarbeiter der legendären „Filmkritik“, von deren Mitarbeitern viele zu Autoren von WDR-Filmsendungen wurden, die es mangels Etat und Sendeplätzen schon lange nicht mehr gibt. Ein anderer kritischer Geist der Filmredaktion war längere Zeit Wilhelm Roth, einst Redakteur der „Filmkritik“ und später Chefredakteur von „epd/Film“. Noch bis ins Jahr 2007 in der Redaktion war Roland Johannes, Hollywoodspezialist und immer auf der Suche nach besseren Kopien, die er dann auch fand.

Was Außenstehende nie so recht begreifen wollten: Bei allen Unterschieden der Temperamente und Interessen, keiner dieser Redakteure war ausschließlich auf eine Sache fixiert. Das machte schließlich Bandbreite und Offenheit des Programms aus.

Ich lasse mich also ungern auf den Dokumentarfilm fixieren, schließlich haben mich, um ein paar Beispiele zu nennen, Suzuki Seijun, Ritwik Ghatak, J. M. S. und D. H., Louis Feuillade oder Mark Rappaport nicht weniger interessiert. Dass ich der Produzent oder Koproduzent von „Shoa“ sei, ist eine recht übertriebene Annahme. In den Credits von Lanzmanns Film gibt es zur Produktion nur den Namen von Lanzmanns eigener Firma zu lesen, kein Sender, keine Förderung, kein Redakteur ist da genannt. Richtig ist, dass der WDR Koproduzent des Films war. Das wurde seinerzeit von Georg Alexander initiiert. Als Lanzmann uns dann nach längerer Zeit einige Stunden Material zeigte und um mehr Mittel für sehr viel längere Dreharbeiten bat, saß Georg Alexander in den USA und Wilfried Reichart und ich entschieden uns für die Beteiligung an dieser Fortsetzung. Es ging dabei um eine größere Summe, die mit Hilfe des Intendanten von Sell aufgebracht werden konnte.

Die Zukunft? Die Redaktion ist nach vier Jahrzehnten endgültig aufgelöst. Wird es in Zukunft noch ein eigenständiges Spielfilmprogramm im WDR geben, also Filme, die nicht nur Übernahmen (Wiederholungen) von Filmen des 1. Programms sind? Keine Ahnung. Es ist dazu auch nichts zu hören. Weiterhin bleibt der WDR eine Adresse für Dokumentarfilm: dafür stehen Jutta Krug, Sabine Rollberg, Enno Hungerland, Reinhard Wulf. WERNER DÜTSCH, Köln