Einblick (552)

EMMA HAUGH, VISUELLE KÜNSTLERIN

■ Emma Haugh (*Dublin, Irland, 1974) lebt und arbeitet in Dublin und Berlin. Die gelernte Fotografin kombiniert visuelle Kunst mit Theatertechniken und Textarbeit. Basierend auf Augusto Bals Theater der Unterdrückten untersucht Haugh, wie mittels Performativität bzw. theatraler Verkörperung und je nach sozialem Setting Co-Autorenschaften und spontane Communitys entstehen. Das Medium der Fotografie erscheint in ihrer Arbeit dabei als fragwürdige Dokumentations- und Repräsentationsform. Eine neues Kollaborationsprojekt erscheint nächste Woche bei Scriptings (s. Seite 14).

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat Sie/dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?Emma Haugh: Christoph Schlingensiefs Ausstellung im KW und die dazugehörige Podiumsdiskussion „Wirklichkeit und Spiel“ um diese Zeit letztes Jahr. Von Künstlern, die mit einer solchen Energie produzieren, bin ich immer etwas überwältigt. Arbeiten zu erleben, die so vielfältig und komplex sind wie Schlingensiefs, hat auch etwas Emanzipierendes: Wenn visuelle Kunst und Theater clashen, entwickelt sich ein großes Potenzial – sie können sich gegenseitig aus den Einschränkungen ihrer Strukturen befreien. Welches Konzert oder welchen Klub können Sie/kannst du empfehlen? Um richtig tanzen zu gehen, empfehle ich DJ MArcelle, die manchmal im Bei Ruth spielt, wo ich sie auch zum ersten Mal gehört habe. Sie hat eine riesige Elektro-Sammlung und unglaubliche Mixing-Skills, die das Genre mitprägen. Ihre Liebe zur Musik ist ansteckend. Golden diskó ship, Musikerin und Videokünstlerin, ist auch sehr zu empfehlen. Ihr gerade erschienenes Album „Invisible Bonfire“ ist wirklich schön. Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie/dich zurzeit durch den Alltag? Ich lese gerade die „Orton Diaries“, eine Zusammenstellung von Tagebuchauszügen aus dem letzten Lebensjahr des englischen Dramatikers Joe Orton. Ich habe mich schon lange für Ortons Leben und Werk interessiert. Er war großartig darin, Schmutz und Dissidenz in kulturelle Sphären zu schmuggeln. Für mich repräsentierte er die klassisch-mythologische Figur des „Tricksters“. Er brachte die steifen Glieder seiner Zeit in Bewegung und aus der Perspektive einer kulturellen Figur, die aus der Gosse kam, amüsierte er sich prächtig über die Welt. Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht Ihnen/dir am meisten Freude? Seit zwei Monaten tauche ich täglich in die Archive der LA-basierten Radiostation dublab.com ein. Sie bieten einen unheimlichen Reichtum an Musik, und Produzenten wie TEEBS bringen hier Shows heraus. Eine willkommene und motivierende Begleitung durch diese kurzen Berliner Wintertage.