Ein blutleerer Sommer

Die Blutspendedienste in Hamburg bitten dringend um Spenden: Mehrfach mussten Operationen verschoben werden, weil es nicht genügend Blutkonserven gab. Viele Spender sind im Urlaub

VON ELKE SPANNER

Das Blut wird knapp. Seit Anfang Juni mussten in Hamburger Krankenhäusern mehrfach planbare Operationen verschoben werden, weil es nicht genügend Blutkonserven gibt. Mit Beginn der Urlaubszeit sind auch treue Spender verreist, so dass bei den Blutspendediensten zu wenige Konserven vorrätig sind. Die rufen jetzt dringend dazu auf, zum Spenden zu kommen.

Das Problem entsteht alljährlich zur Sommerzeit. Wenn die Sonne scheint, gehen die Menschen lieber zum Grillfest als zum Blutspendetermin. In der Urlaubszeit dann spitzt sich die Lage noch einmal besonders zu: Auch regelmäßige Blutspender fahren in die Ferien. Der Vorrat an Blutkonserven nimmt rapide ab – während der Bedarf zur gleichen Zeit massiv ansteigt: Motorrad- , Sport- und Freizeitunfälle führen gerade im Sommer zu einem drastischen Mehrbedarf in den Kliniken.

Welche Dimension das Problem hat, verdeutlichen die Zahlen: 2006 wurden in ganz Deutschland fünf Millionen Blutkonserven verbraucht. Allein in Hamburg und Schleswig-Holstein benötigt das Deutsche Rote Kreuz (DRK) 750 Spendenwillige – am Tag. Und das DRK deckt nur einen Teil des Bedarfes in der Region ab. Hinzu kommen die Konserven des Hamburger Blutspendedienstes, der die meisten Kliniken beliefert, sowie die Blutbanken einzelner Krankenhäuser und privater Unternehmen.

„Zurzeit fehlen uns täglich rund zehn Prozent der benötigten Spender“, sagt Bernd Lichte, Leiter des Blutspendedienstes des DRK. Der Hamburger Blutspendedienst, eine Kooperation der Asklepios GmbH mit dem Arbeiter-Samariter-Bund, weist vor allem auf das Problem fehlender Konserven der Blutgruppe 0 hin: „Da fehlt uns die Hälfte der benötigten Konserven im Depot“, sagt Lutz Schmidt, kommisarischer Ärztlicher Leiter.

Vorräte der Blutgruppen null sind deshalb besonders wichtig, weil die im Zweifelsfalle von Patienten aller Blutgruppen vertragen werden. Deshalb wird null oft bei Unfällen gegeben, wo die Blutgruppe des Verletzten unbekannt ist und keine Zeit bleibt, sie zu testen. Jens Bonnet, Sprecher der Asklepios GmbH, erklärt, dass der Hamburger Blutspendedienst bei Engpässen normalerweise andernortes Blutkonserven kauft. Das aber sei diesen Sommer kaum möglich – überall ist das Blut knapp.

Bernd Lichte vom DRK weist darauf hin, dass die Zahl der Blutspender über das saisonale Problem hinaus kontinuierlich abnimmt. Seine Erklärung: Ein großer Teil der Spender hat die Altersgrenze von 68 Jahren erreicht, die gesetzlich festgelegt ist. Das Durchschnittsalter liegt bei den DRK-Spendern bei 52 Jahren. „Es gelingt uns nur sehr schwer, junge Leute an uns zu binden“, sagt Lichte. „Die kommen vielleicht einmal mit ihrer ganzen Klasse, wenn wir mit unserem mobilen Dienst in eine Gewerbeschule kommen, und dann nie mehr.“

Das alljährliche Sommerproblem ist auch nicht dadurch zu lösen, dass die Blutspendedienste in den besseren Zeiten mehr Blut abnehmen und einlagern. Denn Blut hält sich nur eine begrenzte Zeit. 49 Tage sind möglich. Darüber hinaus müssten die Konserven zu Bedingungen eingefroren werden, die laut Lichte pro Spende rund 2.500 Euro kosten würden. „Das ist unbezahlbar.“

Männer dürfen pro Jahr bis zu sechs Mal spenden, Frauen vier Mal. Im Schnitt kommen die regelmäßigen Spender zwei Mal im Jahr, sagt Lichte. Das DRK bemüht sich, es den Freiwilligen so einfach wie möglich zu machen, indem es selbst zu regelmäßigen Terminen in die Stadtteile, Ortschaften und Einrichtungen kommt.

Lichte hofft, dass sich das Problem nach Ende der Hamburger Ferienzeit zumindest wieder abschwächt. Weniger optimistisch ist da Lutz Schmidt, Direktor des Blutspendedienstes. Es sei sehr viel sinnvoller, noch vor dem Urlaub zum Spenden zu kommen, als direkt hinterher, sagt er. Denn waren die potentiellen Spender beispielsweise in einem Malariagebiet, sind sie nach ihrer Rückkehr für drei bis vier Monate als Spender gesperrt.

Wer gerne Blut spenden möchte, kann Orte und Termine unter folgenden Internetadressen erfragen: www.blutspendedienst.de oder www.blutspende.de. Telefonisch kostenfrei gibt es auch Informationen beim Deutschen Roten Kreuz unter ☎ 0800 / 119 49 11 und beim Blutspendedienst unter ☎ 20 00 22 00.