„Polen unternahm Schritte“

REAKTIONEN Viele Regierungen in Europa haben mit der CIA bei Geheimaktionen kooperiert

WARSCHAU/BERLIN taz | Polens Premierministerin Ewa Kopacz bekam mitten in der Nacht einen Anruf aus Washington. Am Apparat war der US-amerikanische Präsident Barack Obama. Schonend bereitete er Kopacz auf den Senatsbericht zu den CIA-Maßnahmen und Foltermethoden im Ausland vor.

Bislang hatten Polens Politiker offiziell abgestritten, von den amerikanischen Gefangenen auf einem Militärflughafen im nordpolnischen Masuren gewusst zu haben. Das seit 2008 laufende Ermittlungsverfahren der polnischen Staatsanwaltschaft wird bis heute blockiert und verschleppt. Nachdem am Mittwoch aber alle Medien Polens den Senatsbericht zum Topthema machten und dabei die USA für die schonungslose Offenheit im Umgang mit den eignen Fehlern lobten, gab Expräsident Aleksander Kwasniewski erstmals zu, von dem CIA-Gefängnis in Polen gewusst zu haben.

Indirekt gestand er auch ein, von den Foltermethoden gewusst zu haben. „Polen hat Schritte unternommen, damit die Aktivitäten in dieser Einrichtung beendet werden, und zu einem bestimmten Zeitpunkt sind die Aktivitäten eingestellt worden“, sagte er – ohne das Wort „Folter“ in den Mund zu nehmen.

Er habe den damaligen US-Präsidenten George W. Bush gedrängt, die Operationen von US-Geheimdiensten auf polnischem Gebiet zu beenden. Tatsächlich hatte Kwasniewski, der von 1995 bis 2005 polnischer Präsident war, Bush im Juli 2002 im Weißen Haus besucht.

Laut dem britischen Guardian haben – neben der polnischen –weltweit noch mindestens 54 Regierungen mit der CIA bei geheimen Aktionen kooperiert, davon weitere 20 in Europa.

Als einziges Land hat Schweden Opfern dieses CIA-Entführungs- und -Folterprogramms Entschädigungen gezahlt.

In Deutschland forderten SPD, Grüne und Linkspartei am Mittwoch, die Täter vor Gericht zu stellen. Er erwarte, „dass sich die Bundesregierung für eine Strafverfolgung der Verantwortlichen einsetzt“, sagte der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann. Der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen, Tom Königs, erklärte, auch die Verantwortlichen jener Länder, die kooperiert hätten und die in dem Bericht noch geschwärzt seien, seien zur Rechenschaft zu ziehen.

Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, erinnerte daran, dass Außenminister Frank-Walter Steinmeier nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in Deutschland als Kanzleramtschef für die Koordinierung der Geheimdienste zuständig gewesen war. (mit dpa/kna) GABRIELE LESSER

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