Berliner Platten
: Kifferlogik und Straßenpunk: die Spezializtz wollen weiter nur die Tüte und die Troopers treten schon mal vorsorglich jedem in den Arsch

Bei all den Diskussionen um jugendgefährdende Rapper wird ja gern vergessen, dass erstens auch vor Porno-Rap nicht immer alles so prima war. Und zweitens es nicht nur im HipHop problematisch zugehen kann.

Denn vor Sido und Bushido, da gab es schon die Spezializtz. Und es gibt sie immer noch. Ihr neues Album hat das Duo – überaus einfallsreich – „G.B.Z.Oholika III“ genannt. Es ist das Sequel zu „G.B.Z.Oholika“ und dem schon sieben Jahre alten „G.B.Z.Oholika II“. Folgt man der Logik der Fortsetzungskultur, müssten die Vorläufer überaus erfolgreich gewesen sein. Aber alles ist relativ: Dean Dawson und Oliver Harris haben nie wirklich die Charts gestürmt, aber doch erfolgreich die Brücke geschlagen zwischen den netten Menschen aus Stuttgart und den bösen aus Berlin. Man kooperierte mit Afrob ebenso wie mit Sido. Der kleinste gemeinsame Nenner war – natürlich – THC. Das hemmungslose Propagieren des Konsums weicher Drogen findet auch auf dem neuen Album seine Fortsetzung, ebenso wie das fragwürdige Frauenbild. Also alles beim Alten bei den Spezializtz, nur heutzutage wirkt das ganz schön müde – vor allem im Vergleich zu den aktuellen Auswüchsen wie Kinderkram. Dass die beiden Dauerkiffer ein wenig erwachsener geworden sind, beweist immerhin „Ist es nicht so???“, in dem geschickt die Vorurteile gegen Minderheiten vorgeführt werden.

Und es muss ja nicht immer HipHop sein, wenn man mal ein bisserl provozieren will. Die Troopers machen das schon seit 1982, als sie sich als Oi-Band gründeten. Als Abgrenzung zu Nazi-Skins nennen sie ihre Musik nun Streetpunk. Tapfer hält man trotzdem noch heute die alten Skinhead-Ideale hoch und die Gesinnung möglichst unpolitisch, trägt Lonsdale-Shirts und das Haar kurz geschoren. Vor allem aber bietet das Kreuzberger Trio all jenen Menschen eine Heimstatt, denen die Böhsen Onkelz viel zu kommerziell sind: Auch hier wird die proletarische Herkunft gefeiert und tapfer gegen den Rest der Welt ausgeteilt. Sänger und Gitarrist Atze ist ein eher ungeselliger Zeitgenosse, der beständig Bass und Schlagzeug neu besetzte. Keines der bisherigen fünf Alben, über die nun die Best-of-Compilation „Bestialisch“ einen Überblick bietet, wurde in derselben Besetzung eingespielt. Am 20. Juli erst hat er wieder den Rest der Band gefeuert. Der Sound allerdings blieb über die Jahre weitgehend konstant: Stumpf prügeln Rhythmusgruppe und Gitarre, dazu singt Atze mit einer Stimme wie Lungenkrebs im Endstadium, leicht konterkariert nur durch die dialektische Einfärbung: „Isch binn Dein Märschenprinz“. In dem Song verspricht Atze potenziellen Partnerinnen: „Ich heb Dich in den Himmel und schlag Dich windelweich.“ Auch alle anderen Zeitgenossen bleiben nicht unbedacht: „Wir treten jedem in den Arsch.“ Im weiteren Verlauf geht es auf „Bestialisch“ außerdem um so erbauliche Dinge wie „Kugeln im Kopf“, „Faustrecht“ oder „Gewalt“. Kurz gesagt, oder genauer: Kurz rausgekotzt: „Wir scheißen auf Anstand und Moral.“ Frau Griefahn, übernehmen Sie! THOMAS WINKLER

Spezializtz: „G.B.Z.Oholika III“ (Four Music/SonyBMG)

Troopers: „Bestialisch“ (Bad Dog/Rough Trade)