Moskau am Pranger

Gerichtshof verurteilt Russland für Tod von Zivilisten in Tschetschenien. Das Land muss Schmerzensgeld zahlen

STRASSBURG afp ■ Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Russland abermals wegen des gewaltsamen Todes tschetschenischer Zivilisten verurteilt. Das Straßburger Gericht gab gestern acht KlägerInnen Recht, deren Angehörige im Februar und August 2000 bei Militäraktionen getötet worden waren. Moskau wurde angewiesen, den Hinterbliebenen insgesamt 273.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen. In einem weiteren Urteil sprach das Gericht einer russischen Mutter, deren Sohn in Tschetschenien gefallen war, 2.000 Euro Schmerzensgeld zu.

Es gebe keinen Zweifel, dass Russland für die Tötungen verantwortlich sei, so das Urteil. Die Verantwortlichen seien nie zur Rechenschaft gezogen worden. Auch bei den Ermittlungen zum Tod der im August 2000 getöteten jungen Männer habe es „unerklärliche Pannen“ gegeben. Der „verblüffende Mangel an Effizienz“ der Anklagebehörde könne nur „als Zustimmung erachtet werden“.

Der erste Fall betrifft ein Massaker, bei dem am 5. Februar 2000 in Grosny dutzende Zivilisten standrechtlich erschossen und Häuser abgebrannt wurden. Unter den Opfern waren Angehörige der Kläger. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen gegen „nicht identifizierte bewaffnete Männer“ ein, die bis heute nicht abgeschlossen sind. Im zweiten Fall ging es um eine „Säuberungsaktion“, die Soldaten im August nach einem Anschlag auf einen Panzer vornahmen. Dabei wurden zwei Brüder festgenommen. Ihre Mutter versuchte vergeblich, von den Militärbehörden Auskunft über das Schicksal ihrer Söhne zu bekommen. Mitte September wurden die Leichen der beiden mit Spuren von Gewalt gefunden.