Diakonie gegen Verbot der Prostitution

SEXARBEIT Kirchliches Sozialwerk setzt sich für Sexarbeiterinnen ein und fordert, die Kontaktsperre für Prostituierte zu Freiern aufzuheben

Der Ratschlag Prostitution in St. Georg lehnt ein von der Kirche gefordertes Sondergesetz ab

Die Diakonie hat sich dagegen gewandt, die Prostitution zu verbieten. „Ein Verbot der Prostitution halten wir weder für wirksam noch für ethisch begründbar“, sagte Diakonie-Vorstand Gabi Brasch am Donnerstag bei einer Fachtagung. „Was wir bekämpfen müssen, sind sexualisierte Ausbeutung, Gewalt und Menschenhandel.“ Zudem müssten die vor allem aus Osteuropa stammenden Prostituierten hier besser über ihre Rechte und Möglichkeiten informiert werden. „Für uns als Diakonie steht die Lebenssituation der Prostituierten im Mittelpunkt“, sagte Brasch.

Prostitution müsse zwar reguliert werden, man dürfe sie aber nicht durch eine Meldepflicht stigmatisieren, warnte Angela Bähr, bei der Diakonie zuständig für Migrations- und Frauensozialarbeit. „Prostitution ist gesellschaftliche Realität.“ Im Zentrum der Fachtagung stand die Situation von Rumäninnen in Deutschland.

Die Polizei schätzt die Zahl der Prostituierten auf 2.500. Mindestens 1.500 von ihnen kämen aus dem Ausland, vorwiegend aus Rumänien und Bulgarien – Tendenz steigend. „Die Frauen kommen wegen des Geldes“, sagte Elena Timofticiue von der rumänischen Hilfsorganisation „Aidrom“, die von den Kirchen getragen wird. „Sie werden mit vielversprechenden Angeboten gelockt.“ Verträge lägen oft nur in Deutsch oder Englisch vor und die Frauen unterschrieben, ohne alles verstanden zu haben. Das mache Klagen praktisch unmöglich. Der versprochene Verdienst von 1.500 Euro im Monat sei für sie verlockend. „Sie vergessen aber meist, dass sie davon auch die Unterkunft, das Bett und den Lebensunterhalt bezahlen müssen“, sagte Timofticiue.

Man rede in St. Georg nicht über „Glamour-Prostitution und Escortservice“, sagte Brasch. Viele der Frauen lebten am Rand des Existenzminimums. Daher forderte sie, das Kontaktanbahnungsverbot abzuschaffen. „Meistens zahlen nämlich die Frauen die Geldbuße, nicht die Freier“, kritisierte Brasch.

Die Diakonie der evangelischen Kirche befindet sich mit ihren Forderungen im Einklang mit den Betreuungsprojekten und dem Ratschlag Prostitution in St. Georg. Dieser lehnt jedoch ein von der Kirche gefordertes Sondergesetz zur Regulierung der Prostitution ab. „Es gibt ausreichend Gesetze, um Zwangsprostitution und Menschenhandel wirksam zu bekämpfen“, sagte Emilija Mitrovic, die bei der Gewerkschaft Ver.di für Sexarbeiterinnen zuständig ist, der taz. Eine Aufhebung aller restriktiven Maßnahmen wie der Sperrgebietsverordnung in St. Georg oder des Kontaktanbahnungsverbots nütze den Frauen mehr.  KAI VON APPEN