Europa zu Gast in Allermöhe

Zwei Tage lang verwandelt sich das Kulturhaus in Allermöhe in einen Ort griechischer Mythen. Heute um 21 Uhr beginnt die Premiere des Stückes „Europa entführt“, weiter geht es mit der zweiten Vorstellung am Sonntag um 16 Uhr

Wiesen, ein Fleet und rote Backsteinhäuser, in der Mitte steht ein Bau aus blauen und schwarzen Fliesen. Jugendliche mit weißen Masken wuseln über die Grünfläche, in ihren Händen Holzstäbe; es wird geklatscht und getrommelt. Hier wird das „Allermöher Festspiel“ im KulturA aufgeführt.

„Ich höre euch nicht!“, ruft Dramaturgin Christiane Hauch. „Europa hat schlecht geträumt“, kommt es nun aus lauter Kehle. Hauch hat, an den Mythos der entführten Europa angelehnt, ein Stück geschrieben, das einen Theaterbogen von der Antike bis in die Moderne schlägt.

Als Workshop angepriesen ist es viel mehr als ein Schnupperkurs in den Bühnenalltag. Mehr als dreißig Jugendliche werken zehn Tage an der Darstellung des Stückes, bauen mit an dem Bühnenbild oder schneidern an den Kostümen. „Der Workshop war für zwei Wochen angesetzt, aber dafür hat das Geld nicht gereicht“, doch Mitorganisatorin Olga Brandin hat sich davon nicht entmutigen lassen.

In nur zehn Tagen stellt sie mit sechs künstlerischen Leitern ein Open-Air-Spektakel auf die Beine, das es zuvor in Allermöhe noch nicht gegeben hat. Zum Ziel hat sie sich gemacht, den Stadtteil aufzuwerten. Besonders wichtig ist ihr, Kinder mit Migrationshintergrund einzubeziehen. Die Jugendlichen lernen neben dem Spielen Disziplin und Konzentration; Brandin benutzt die Kulturprojekte zur Konfliktbewältigung. „Das wiederkehrende Festspiel soll zu einem Erkennungsmerkmal für Allermöhe werden.“

„Mehr Körperspannung“, ruft Choreograph Ralf Meyer Ze seinen Schützlingen zu. Wieder und wieder müssen die jungen Schauspieler die Szenen durchgehen. Noch vergessen sie Einsätze, Texte oder Abläufe, aber die künstlerischen Leiter sind sich sicher: Bis zur Premiere sitzt es. Dann kommt Bewegung in das Ganze. Zwei Jungs und zwei Mädchen tragen eine grüne Barre über das Gelände, allen voran der 17-jährige Raphael Käding. Extra aus Schwerin reist er täglich an. „Als ich merkte, dass viele im Team kaum Erfahrungen haben, überlegte ich kurz, aufzuhören. Ich dachte, nicht genug lernen zu können. Doch es ist unglaublich, wie sich alle in so kurzer Zeit entwickelt haben.“ Für den Gymnasiasten steht jetzt fest: „Ich will Schauspieler werden.“

Das Besondere ist der Ort: Die Künstler integrieren Wiesen, Fleetbrücken und sogar die Balkone der umstehenden Häuser in die Handlung. Bühnenbildner Alexander J. Mudlagk hat vorab ein Modell entworfen. Er entwickelte einfach zu bauende Elemente, damit die Jugendlichen Erfolgserlebnisse bekommen. „Ich finde es wichtig, Kindern, die kaum Zugang zur Kultur haben das Theater näher zu bringen. Das sollte sich jeder Künstler zur Aufgabe machen.“ BIRTE STAUDE