„Klare Verhältnisse“

ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender über die vergangene Tour de France und die Zukunft der Berichterstattung

taz: Herr Brender, waren der Ausstieg und der Zeitpunkt des Ausstiegs aus der Tour-de-France-Liveberichterstattung seitens des ZDF richtig?

Nikolaus Brender: Ja. Im Vorfeld der Tour haben ARD und ZDF klargemacht, dass alles für einen sauberen Radsport getan werden muss. Dazu gehört für uns vor allem ein lückenloses, umfassendes und funktionierendes Kontrollsystem. Diese Bedingungen waren nicht gegeben. Mit Patrik Sinkewitz wurde dann auch noch ein T-Mobile-Fahrer des Dopings überführt. Dabei hatte sich das Team besonders für sauberen Sport eingesetzt. Die weitere Entwicklung hat unsere Entscheidung bestätigt, die Kontrollen wurden verschärft, und über weitere Maßnahmen werden der Weltradsportverband und die weltweite Anti-Doping-Agentur beraten. Ich hoffe, dass sie einen zweifelsfreien Weg einschlagen, damit sauberer Radsport wieder möglich sein wird.

Wie viel Macht haben denn dann die Medien im Kampf gegen Doping?

Unsere erste und wichtigste Aufgabe ist die objektive Berichterstattung. Wir haben natürlich Einfluss, sind aber nicht die Entscheidungsträger.

Welche Auswirkungen hat der Ausstieg auf Sportveranstaltungen wie die Olympischen Spiele?

Die Tour ist nicht vergleichbar mit anderen Ereignissen. Sie ist ein in sich geschlossenes System. Bei Olympia gibt es viele verschiedene Disziplinen. Wir werden die Entwicklung bis Peking 2008 genau beobachten und je nach Einzelfall und Sportart entscheiden.

Welche Radrennen werden Sie in Zukunft zeigen, und welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt werden?

Über die Rad-Weltmeisterschaft im September werden wir definitiv berichten, es ist nur nicht klar, in welcher Form, ob live oder als Zusammenfassung. In den nächsten Tagen werden wir Gespräche darüber führen. Grundsätzlich muss das Kontrollsystem ausgebaut werden. Zudem sind Fairness und gleiche Voraussetzungen der Sportler beim Start unerlässliche Kriterien.

Wird die Tour im nächsten Jahr wieder live bei den Öffentlich-Rechtlichen zu sehen sein? Sie haben zumindest die Übertragungsrechte.

Stimmt, für nächstes Jahr besitzen wir noch die Rechte an der Tour de France. Wir werden uns mit den Veranstaltern zusammensetzen und dann entscheiden, wie es weitergeht. Grundsätzlich sind wir gewillt, wieder live zu berichten. Die Tour ist sportlich gesehen ein einmaliges und herausragendes Ereignis, Voraussetzung: eindeutige Konsequenzen und klare Verhältnisse. INTERVIEW: ROBERT RIST