Erste Anklage gegen Gbagbo

ELFENBEINKÜSTE Der im April verhaftete Expräsident und seine Frau müssen sich jetzt wegen „Diebstahl, Veruntreuung und Plünderung“ verantworten

BERLIN taz | Die ivorische Justiz hat erstmals Anklage gegen den ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo erhoben. Generalstaatsanwalt Simplice Koffi verkündete am Donnerstag in Abidjan, dass sich der Expräsident und seine Ehefrau Simone Gbagbo wegen „Wirtschaftsverbrechen“ verantworten müssten. Im Einzelnen gehe es um „schweren Diebstahl, Veruntreuung öffentlicher Güter, Plünderung und Angriff auf die Volkswirtschaft“.

Gbagbo, Präsident der Elfenbeinküste von 2002 bis 2010, hatte im November 2010 Wahlen verloren und seine Niederlage nicht anerkannt. Das Land versank im Chaos, erst im April wurde Gbagbo nach Kämpfen in Abidjan im Bunker seiner Residenz von Rebellen verhaftet, die den gewählten Präsidenten Alassane Ouattara unterstützten. Während der Monate zuvor waren bei politischer Gewalt in der Elfenbeinküste über 3.000 Menschen ums Leben gekommen, Gbagbo hatte in Abidjan Wohnviertel bombardieren lassen und die Zentralbank geplündert. Er wurde nach seiner Festnahme unter Hausarrest im nordivorischen Korhogo gestellt.

Am 29. April nahm die ivorische Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Gewaltverbrechen auf, in deren Verlauf bislang laut Koffi 673 Personen verhört wurden. 78 Menschen wurden wegen Wirtschaftsverbrechen verhört, gegen 21 davon wurde Anklage erhoben, so der Generalstaatsanwalt. Mit Laurent Gbagbo sei dies vorerst abgeschlossen. Er dürfe im Hausarrest bleiben, seine Ehefrau kommt im nordivorischen Odienné in Untersuchungshaft. Gbagbos ehemaliger Parteichef Pascal Affi N’Guessan wurde am 10. August wegen Gefährdung der Staatssicherheit angeklagt, 58 Gbagbo-treue Militärs am Folgetag.

Dass Gbagbo jetzt nur wegen Wirtschaftsverbrechen belangt wird, lässt den Schluss zu, dass die ivorische Justiz Anklagen wegen Gewaltakten dem Internationalen Strafgerichtshof überlassen will. Menschenrechtler hatten zuvor kritisiert, dass Gbagbo und einige seiner Mitstreiter monatelang ohne Anklage unter Hausarrest standen. D.J.