Milch macht keine Miesen mehr

Im Laden wird der Liter Milch ab heute deutlich mehr kosten. Grund ist eine erhöhte Nachfrage bei schrumpfenden Reserven. Bei den Bauern kommt das Geld allerdings mit Verzögerung an

VON BIRTE STAUDE

Ab heute muss der Verbraucher für Milchprodukte ordentlich draufzahlen. Rund zehn Cent mehr dürfte der Liter Vollmilch im Laden kosten. Sechs Cent davon sollen den Landwirten zukommen. „Die geplante Preiserhöhung auf Seiten der Landwirte und Molkereien war zur zweiten Halbjahreshälfte vorgesehen“, kritisiert Rolf Hahn vom Beratungsring für Landwirte in Stade. Der Handel schlage aber jetzt schon auf.

Hauptabnehmer für die 150 Landwirtschaftsbetriebe, die sich Hahns Beratungsring angeschlossen haben, ist der Konzern Nordmilch. 30 Cent zahlt Nordmilch den Bauern für einen Liter Milch. Die Erzeugungskosten betragen aber bis zu 35 Cent. „In diesen 35 Cent steckt die Entlohnung der Landwirte schon drin“, sagt Hahn. Es seien also gerade die Kosten gedeckt. Zum Leben oder Investieren bleibe aber kein Geld. „Die Bauern arbeiten quasi umsonst“, kritisiert er.

Jährlich schließen in Deutschland mehrere tausend Landwirte ihren Betrieb. „Die Lage geht an die Substanz“, sagt die Landwirtin Angela Jarck aus Kranenburg bei Stade. „Durch unser Kapital können wir unseren Hof noch über Wasser halten, wenn sich aber an der Situation nichts ändert, dann geht das Höfesterben weiter“, sagt sie. Im Landkreis Stade seien erst kürzlich einige junge Höfe, die investiert hätten und kaum Rücklagen hatten, pleitegegangen.

Daran, dass für die Bauern vom Erlös in den vergangenen Jahren immer weniger übrig geblieben ist, sind vor allem die steigenden Produktionskosten Schuld. Zwar ist das Futter in den vergangenen Jahren nicht wesentlich teurer geworden: Kaltfutter für 15 Cent steckt der Bauer in einen Liter Milch. Die Energiekosten sind allerdings von drei auf fünf Cent gestiegen. „Strompreise und alle Kosten für die Futterbergung wie steigende Benzinpreise haben mächtig zugehauen“, bestätigt Hahn vom Beratungsring.

Dass jetzt auch der Verkaufspreis für die Milch steigt, hat nach Ansicht von Roland Frölig, dem Unternehmenssprecher der Molkerei Hansano, verschiedene Gründe: „Der Milchpreis war in den vergangenen Jahren konstant“, sagt er. Heute habe sich aber das Verhältnis von Angebot und Nachfrage verändert. Frölig: „Wir haben eine höhere Nachfrage, somit ist eine Preissteigerung eine logische Konsequenz.“

Der Deutsche Bauernverband (DBV) bestätigt, dass die Erzeugung von Milchprodukten mit der weltweiten Nachfrage nicht Schritt halten konnte. Solange Milchprodukte noch in verschiedenen Ländern auf Lager waren, konnten die Preise stabil bleiben. Seit dem Frühjahr 2007 sind die Reserven allerdings aufgebraucht. Dennoch sei die Entwicklung kein Grund zur Panik. Der Preis für Vollmilch liege mit knapp 62 Cent pro Liter auf dem Niveau von Anfang der 1990er Jahre.

Eckhard Heuser, Geschäftsführer des Milchindustrieverbandes (MIV) sieht keine Gefahr, dass hauptsächlich der Handel von der Knappheit profitiert. „Bei Standardprodukten wie Milch verdient der Händler kaum mehr Geld“, behauptet er.