Transparent über den Atlantik

Seit gestern ist das neue Fluggastdaten-Abkommen mit den USA in Kraft. 19 persönliche Daten von jedem Fluggast werden jetzt übermittelt. Am Flughafen haben nur wenig Hamburger davon gewusst

VON BIRTE STAUDE

Seit gestern ist es amtlich: Die USA können Daten europäischer Passagiere in Zukunft für fünfzehn Jahre speichern. Als Folge der Terroranschläge vom 11. September 2001 hatte die US-Regierung gefordert, schon vor der Einreise Informationen über die Fluggäste zu erhalten.

Nachdem der Europäische Gerichtshof das erste Abkommen kippte, unterzeichneten die EU und die USA am 23. Juli dieses Jahres ein neues Abkommen. Die EU heftet es als Erfolg ab: Von den geforderten 34 Daten dürfen die USA nun nur auf 19 zugreifen. Allerdings sind die einzelnen Punkte sehr breit gefächert. Als tabu gelten Daten über die ethnische Herkunft sowie Religionszugehörigkeit – aber nur auf Vorbehalt.

Gestern flogen nun die ersten Passagiere unter den neuen Bedingungen von Hamburg nach New York. Gewusst haben sie von den Veränderungen kaum. „Ich weiß, dass die USA Daten von den Passagieren anfordern dürfen, aber nicht, in welchem Ausmaß“, sagt der 25-jährige Zunftgeselle Jens Pingel. Für ihn verstößt das gegen den Datenschutz: „Meine Privatsachen gehen niemanden etwas an.“ Die verschärften Kontrollen in den vergangenen Jahren waren ein Grund, warum er nicht in die USA reisen wollte. Sein Kollege Markus Berbec sagt: „Wir fliegen nur über New York, um dann gleich weiter nach Kanada zu fliegen.“

Das Einchecken der zwei Hamburger dauert. „Wir haben die Adresse, wo wir in New York schlafen werden, nicht dabei. Nun müssen wir im Internet danach suchen.“ Für sie steht fest: Sollte sich ein derartiges Abkommen auch innerhalb der EU durchsetzen, wäre das ein Grund, nicht mehr zu fliegen. Ulrike Dobberthiem hat von den neuen Regeln auch nichts gewusst, findet das Abkommen aber total legitim: „Ich habe keine Probleme bis jetzt gehabt. Ob das auch für die Einreise gilt, kann ich nicht sagen.“ Die 46-Jährige fliegt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in die USA. „Es geht um die Sicherheit, wir haben nichts zu verbergen.“

Für eine andere Hamburgerin stehen sich Privatsphäre und Sicherheit gegenüber: „Natürlich ist Sicherheit gerade beim Fliegen wichtig, aber ein ungutes Gefühl habe ich bei der Datenweitergabe trotzdem.“ Dennoch will und muss sie beruflich weiter regelmäßig nach New York fliegen. Gerade bei Vielfliegern ist die Datenmenge, die weitergegeben wird, groß, aber die 40-Jährige nimmt das in Kauf.

Die Maschine der Emirates hob gestern Nachmittag mit wenigen Passagieren ab. „Solche Tage gibt es, das hat aber nichts mit dem Abkommen zu tun“, behauptet eine Angestellte der Fluggesellschaft. „Es war sehr anstrengend, den Leuten die neuen Vorschriften zu erklären. Die meisten wussten einfach nichts.“ Sie gibt den Reisebüros eine Mitschuld, die ihre Kunden anscheinend schlecht oder gar nicht informiert haben.

Sich informieren wird den Fluggästen in Zukunft allerdings auch nicht leicht gemacht. Im Notfall dürfen die USA auch auf die gestrichenen Daten zugreifen; über Neuregelungen soll die EU aber immerhin informiert werden. Sieben Jahre sind die Daten der Passagiere nun aktiv gespeichert, danach gelten sie als schlafend und können nur mit einer Sondergenehmigung angefordert werden.

Experten raten, so wenig freiwillige Angaben wie möglich bei dem Kauf eines Tickets zu geben, da fast alles an die jeweiligen US-Stellen weitergeleitet wird.

schwerpunkt SEITE 3