„Moral und Verantwortung“

FILM Thomas Wallner hat einen Dokumentarfilm mit dem Titel „The Guantanamo Trap“ gedreht

■ 45, ist Autor, Regisseur, Produzent und Game-Designer. Er führte Regie bei dem Dokumentarfilm „The Guantanamo Trap“.

taz: Herr Wallner, warum haben Sie einen Film über Guantanamo gemacht?Thomas Wallner: Als ich nach der Wiederwahl von George W. Bush nach Amerika reiste, wollte ich meine biometrischen Daten nicht preisgeben.

Und dann?

Dann ging alles ziemlich schnell. Der Alarm ertönte, ich wurde verhört, hatte aber nichts zu sagen. So landete ich auf der berühmten Terrorverdächtigenliste. Mit dem Film wollten Sie sich an den USA rächen. Wie hat sich Ihre Motivation geändert? Das Thema Trauma hat mich sehr interessiert, auch an der Geschichte von Murat Kurnaz. Wie schafft es dieser Mann sich nach allem wieder in das normale Leben zu integrieren.

Murat Kurnaz sagt, er sei nicht traumatisiert. Was denken Sie?Es ist sehr schwer in jemanden hineinzublicken, aber er macht den Anschein, als hätte er das gut verkraftet. Wir hoffen alle, dass es wirklich so ist.

Warum wollten Sie Murat Kurnaz im Film haben?Murat hat eine beeindruckende Beobachtungsgabe. Aber er hatte eine eingeschränkte Perspektive. Deshalb habe ich den Film erweitert, mit Menschen, die auf der anderen Seite von Guantanamo gearbeitet haben.

Lassen Sie deshalb Folterbefürworterin Diane Beaver zu Wort kommen?

Diane Beaver ist eine extrem interessante Figur, weil sie an dem Memo mitgearbeitet hat, in dem Foltermethoden legalisiert werden. Das macht sie zu einer einzigartigen Augenzeugin. Der Film erzeugt Verständnis für den Menschen Diane Beaver, in ihrer Zerrissenheit und Menschlichkeit, aber das entschuldigt kein moralisches Fehlverhalten.

Der Film malt also nicht schwarz-weiß?

Ich habe mich bemüht die Figuren so menschlich wie möglich zu gestalten. Zuschauer stört es zu sehen, dass auch Menschen wie Diane Beaver Menschlichkeit besitzen. Manchmal werden sie sogar richtig wütend.

War das auch Ihr Ziel?

Ja, das war eine Strategie beim Filmen, die aber dann noch klarer im Schnitt ausgearbeitet wurde. Und es ist der erste Film, bei dem mich Leute zwei Wochen später anrufen, weil der Film Sie noch immer beschäftigt.

INTERVIEW: MARTIN STADE

Schauburg, 20 Uhr