WhisperGen statt Kohlekraftwerk?

Auch der Streit um das von der SWB geplante Kohlekraftwerk macht Sommerpause, scheint es. Der Eindruck täuscht: Im Hintergrund wird hart gerungen, auch um Energieeinsparung. Aber da sind andere Energieversorger weiter

„Es finden Gespräche statt.“ Mehr ist derzeit nicht zu erfahren vom großen Tauziehen zwischen der Umweltbehörde und dem Energieversorger SWB um das geplante große Kohlekraftwerk. Die SWB waren sich bisher sicher, dass das neue Kohlekraftwerk rentabel sein wird, der grüne Umweltsenator Reinhard Loske ist sich sicher, dass die geplante Kohle-Verbrennungstechnik, auch wenn sie modern ist, nicht zu den energiepolitischen Zielen der EU passt und mittelfristig eine moderne Energiepolitik in Bremen eher blockieren wird. Eine „große Wolkenmaschine“ sei das geplante Kraftwerk, pflegt Loske zu scherzen.

Die SWB begleitet das Tauziehen um das Kohlekraftwerk mit einer Kampagne, die ihr Image als modernes Stromversorgungsunternehmen unterstreichen soll. Mit ihrem Stromverbrauch ist eine vierköpfige Familie mit 16 Tonnen Kohlendioxid „dabei“, rechnet die SWB vor. Bei der angebotenen „Energie-Verbrauchs-Analyse“ wird vor allem nach Gebäudedämmung und Wärmeschutzfenstern gefragt.

Aber es geht der SWB auch um die kleinen Sparpotentiale – 55 praktische Stromspartipps werden angeboten. „Die Unkenntnis ist in diesem Bereich groß“, sagen die SWB-Berater. Drei Minuten lang warmes Wasser laufen zu lassen kostet rund 20 Cent Strom – wenn die Warmwasserbereitung nicht an die Gas-Heizung gekoppelt ist. Wer Computer, Drucker oder Modem das ganze Jahr laufen lässt, zahlt dafür auf der Stromrechnung 400 Euro im Jahr und mehr. Die schönen Wasserbetten fressen Strom wie eine kleine Heizanlage, und auch die diversen Stand-by-Geräte in einem Haushalt können im Jahr zusammen Strom für rund 100 Euro verschlingen. Bis zu 25 Prozent schwanken die Stromkosten zwischen denen, die besonders gedankenlos Strom verbrauchen, und den absoluten Spar-Füchsen. Für einen Normalhaushalt ist ein Sparbeitrag von zehn Prozent schon mühsam zu erreichen.

Andere Energieversorger haben da weitergehende Ziele. Es gibt Technologien, mit denen die Heizkosten halbiert werden könnten. Etwa die alte „Sterling“-Technik. „Wir testen das in Mannheim im Feldversuch“, sagt der Sprecher des lokalen Mannheimer Stromversorgers MVV Energie. 20 Test-Haushalte sind 2006 mit der Heizungsanlage von „WhisperGen“ ausgestattet worden, die Geräte aus Neuseeland importiert. Statt der sonst erreichbaren Energieausbeute von 40 Prozent erreichen die „WhisperGen“-Geräte weit über 80 Prozent: Nach einem 1816 von Robert Sterling erfundenen Prinzip wird die Abwärme zur Stromproduktion genutzt. Die Mannheimer wollen den Strom sogar direkt ins Niedrigspannungsnetz einspeisen und dann an die Nachbarschaft liefern. „Die Technik steht“, sagt der Stadtwerke-Sprecher, wenn die Geräte in größeren Mengen produziert werden, dann würden sie auch im Preis mit herkömmlichen Heizungsanlagen mithalten können. Wenn nur die Hälfte der Haushalte mit WhisperGen ausgestattet wäre, könnten ganze Kraftwerks-Blöcke stillgelegt werden.

Das Problem der Verteilung ist, dass die Anlagen nur dann Strom liefern, wenn die Heizung läuft. Das bedeutet: Die WhisperGen-Geräte sind kleinste Blockheizkraftwerke und passen zu flexibleren größeren Gas-Kraftwerken – nicht zu starren Kohleblöcken, deren Rentabilität davon abhängt, dass sie nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter mit maximaler Leistung betrieben werden. Die „Sterling“-Technik ist in England schon weiter verbreitet.

Und in Bremen? „Wir sind dabei, eine Umweltstrategie zu erstellen“, sagt Iris Klauck, Geschäftsführerin der Ökostrom-Tochter der SWB „Pro Natur“. Welche Technik zur Anwendung komme, das sei noch offen. Offenbar hat der Streit um das Kohlekraftwerk die Umweltstrategie der SWB auf Trab gebracht.

Klaus Wolschner