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Teurer Historikerstreit in Karlsruhe

Die Karlsruher Eliteuni stellt ihre Einzigartigkeit unter Beweis: Sie schiebt ein völlig zerstrittenes Institut an andere Hochschulen und Fachbereiche ab – und zahlt weiter dafür. Professor Peter Steinbach wechselt nach Mannheim

VON JON MENDRALA

„Man kann mit dieser Lösung nicht zufrieden sein. Jede Trennung ist schmerzhaft“, sagt Horst Hippler. Er ist Rektor der Universität Karlsruhe, die im vergangenen Jahr zu einer der drei ersten Elite-Hochschulen Deutschlands gekürt wurde. Geld hat Hippler also genug. Was er nicht gebrauchen kann, sind unangenehme Schlagzeilen, die den Ruf der Uni gefährden könnten.

Daran allerdings herrscht derzeit kein Mangel. Das Institut für Geschichte, an der technikdominierten Hochschule mit nur zwei Professorenstellen ausgestattet, hat sich auf eine Weise zerlegt, die selbst für den notorisch streitsüchtigen Universitätsbetrieb einzigartig ist.

Seit Beginn der Semesterferien ist klar: Peter Steinbach, Institutsleiter und bundesweit bekannt als Direktor der Berliner Gedenkstätte Deutscher Widerstand, verlässt entnervt die Hochschule. Er lehrt künftig an der Universität Mannheim. Das Ungewöhnliche daran: Das Gehalt des 59-Jährigen sowie die gesamten Kosten für den Lehrstuhl werden weiterhin von der Universität Karlsruhe bezahlt.

Die Zukunft von Steinbachs einzigem Professoren-Kollegen und erbittertem Widersacher Rolf-Jürgen Gleitsmann bleibt ungewiss. Um einen Neuanfang bei den Karlsruher Historikern zu ermöglichen, hat Rektor Hippler dem 57-jährigen Technikhistoriker ebenfalls nahegelegt, an eine andere Hochschule zu wechseln – nach Stuttgart. Das lehnt Gleitsmann bislang ab.

Das Institut bereits verlassen hat ein zweiter Widersacher Steinbachs, der 39-jährige Privatdozent Rolf-Ulrich Kunze, der jüngere Bruder des Musikers Heinz Rudolf Kunze. Er war von Steinbach 2002 als Leiter der Forschungsstelle Südwestdeutscher Widerstand eingesetzt, vier Jahre später von dem Posten aber wieder entbunden worden. Seine Widerstandsforschung sei zu eindimensional gewesen, so die Begründung. Inzwischen hat sich Kunze zu den Karlsruher Philosophen versetzen lassen, wo er Ideengeschichte lehrt.

An eine geordnete Zusammenarbeit der Kontrahenten war an dem kleinen Institut nicht mehr zu denken, an das der umtriebige und alles andere als konfliktscheue Steinbach 2001 von Berlin aus gewechselt war. Gleitsmann wirft ihm „Terror gegen Kollegen“ und eine „Durchherrschung“ des Instituts vor. Steinbach erwidert, Gleitsmann habe Mitarbeiter „der anderen Seite“ von Dienstbesprechungen ausgeschlossen, mit der Folge, dass keine Besprechungen mehr stattfanden. Die Kommunikation der Institutsleitung war damit erloschen, an gemeinsame Forschungsarbeit nicht mehr zu denken.

Sarah Bachmann, Vorstandsmitglied des Unabhängigen Studierendenausschusses (UStA) und Studentin an Steinbachs Fakultät, ist über die Befriedung des Konflikts erleichtert. Die Studierenden hätten sich ständig fragen müssen: Auf wessen Seite stehe ich? Kann ich mich in diesem Seminar blicken lassen?

Mit Steinbachs Weggang verliert die Universität Karlsruhe nicht nur ein öffentliches Aushängeschild. Auch Steinbachs neue Lehransätze, die das verschlafene Historische Institut in Karlsruhe vor sechs Jahren regelrecht wachrüttelten, werden wohl ebenfalls in das knapp 70 Kilometer entfernte Mannheim abwandern.

Genau diese Lehransätze einer „medienorientierten Geschichtswissenschaft“ waren in Karlsruhe allerdings höchst umstritten. Seine Gegner halten Steinbach vor, die klassische Disziplin auszuhöhlen und seine Lehre stattdessen medienwirksam mit einer „Worthülse“ zu verkaufen. Für Steinbach hingegen ist klar: „Reformerische Ansätze vertragen sich nur schwer mit einem reflexhaften und rückwärtsgewandten Diskurs.“ Die öffentliche Resonanz auf Steinbachs Lehransätze war überwiegend positiv: Mehrere Praxis-Seminare und studentische Projekte, die in Zusammenarbeit mit dem Südwestrundfunk (SWR) entstanden, erhielten Medienpreise. Der SWR jedenfalls betont, die Zusammenarbeit mit Steinbach und seinen Studenten sei ausgesprochen gut gewesen. Auch in Zukunft seien weitere Projekte mit dem Wissenschaftler geplant.

Die Gewinnerin des Machtkampfes in Karlsruhe scheint die Universität Mannheim zu sein, die einen kompletten Lehrstuhl zum Nulltarif erhält. Insgesamt dürfte der jährliche Haushaltsposten dafür weit im sechsstelligen Euro-Bereich liegen. Johannes Paulmann, Professor für Neuere Geschichte und künftiger Kollege Steinbachs, freut sich über den Neuzugang. „Peter Steinbach ist ein renommierter Wissenschaftler“, sagt Paulmann. „Gerade die Vernetzung von Historikern und Politologen, für die Steinbach steht, wird unser Profil deutlich schärfen.“

Welchen Nutzen die Karlsruher Universität aus diesem Deal zieht, will Rektor Hippler nicht sagen. Einzelheiten der Affäre seien für die Öffentlichkeit nicht von Interesse. Nur so viel: Der Lehrstuhl soll wieder besetzt werden. An die komplette Abwicklung der Historiker sei an der Eliteuni nicht gedacht.

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