„Sieg der Öko-Vernunft“

Dem Umweltsenator dürfte gestern ein schwerer Stein vom Herzen gefallen sein: SWB verzichtet auf Kohlekraftwerk. Umweltverbände feiern den Sieg der ökologischen und ökonomischen Vernunft

von Klaus Wolschner

So viel Anlass zur Freude bei den Umweltschützern bot der Bremer Energieversorger SWB lange nicht mehr: „Eine richtige und zukunftsweisende Entscheidung“ nannte Anne Schierenbeck, Energiereferentin des BUND, die Absage an das geplante Kohlekraftwerk. Sogar „zukunftsweisend“ findet das Robin Wood, „das Beispiel sollte über Bremen hinaus Schule machen“. Für den Nabu-Landesvorsitzenden Klaus Stade war es ein „Tag zum Feiern“, denn bei der SWB habe die „ökologische und ökonomische Vernunft“ gesiegt.

Vor einem Jahr noch, sagte der SWB-Vorstandsvorsitzende Wilhelm Schoeber gestern auf einer überraschend angesetzten Pressekonferenz, hätte sich die geplante Investition von rund einer Milliarde Euro gerechnet. Und die inzwischen gestiegenen Strompreise hätten noch bessere Gewinne versprochen. Um „mehrere hundert Millionen“ Euro habe sich das Projekt aber verteuert, deswegen müsse sich die SWB davon verabschieden (vgl. Seite 7) Eine rein unternehmerische Entscheidung – mit der politischen Kontroverse um den Kraftwerksbau habe das nichts zu tun.

Schoeber bedankte sich gleichzeitig für die sachliche Auseinandersetzung mit dem Bremer Senat, auch mit den Umweltschützern sei die Diskussion „meistens fair“ gewesen. Da die SWB nur in Bremen Kunden gewinnen könne – im Umland ist der Gesellschafter EWE präsent – sei für die SWB „eine gute Zusammenarbeit“ mit der Politik in Bremen wichtig. Und auch mit der kritischen Öffentlichkeit – rund 1.000 Kunden habe die SWB aufgrund der Debatte verloren.

Die SWB wolle nun mehr in die Modernisierung ihrer alten Kraftwerke investieren und Projekte mit erneuerbaren Energien verstärkt in den Blick nehmen. In Hastedt soll das Kohlekraftwerk eine „grüne Leistungssteigerung“ von zwei Prozent erfahren, für das Gaskraftwerk in Hastedt könnte es vielleicht sogar eine Modernisierung mit einer Wirkungsgrad-Steigerung von derzeit 36 Prozent auf über 50 Prozent geben. Der Energiemarkt sei stark in Bewegung – während man vor einem Jahr noch darüber nachdachte, ob nicht die alten Anlagen mit Fertigstellung des neuen Blocks 21 aus wirtschaftlichen Gründen hätten auslaufen müssen, so sei aufgrund der Preisentwicklung heute die Modernisierung der Altanlagen wirtschaftlich.

Der rot-grüne Bremer Senat erklärte zurückhaltend, er wolle den begonnenen „Energie- und klimapolitischen Dialog mit den beteiligten Unternehmen, Institutionen, Verbänden und gesellschaftlichen Gruppen“ weiterführen, im Interesse einer „zukunftsfähigen Energie- und Klimapolitik in der Region“. Maike Schaefer, energiepolitische Sprecherin der Grünen, sieht „nun die Chance“, dass Bremen zum „Zentrum für effiziente Technologien zur Energieerzeugung“ werden könnte, und will „dabei gern mit der SWB kooperieren“. Der BUND-Vorsitzende Klaus Prietzel erinnerte daran, dass eine ökologische, dezentrale Energieversorgung auch mehr Arbeitsplätze schaffe als ein Großkraftwerk. Das regionale Handwerk und die Technologie-Unternehmen würden gestärkt. „Wenn die SWB beispielsweise für Mietshäuser kleine Gasgeneratoren mit Kraft-Wärme-Koppelung vorfinanzieren würde, hätte sie eine enorme Kundenbindung geschaffen“, schlägt der Naturschutzbund Deutschland vor.

„Einen schweren Rückschlag für den Investitions- und Wirtschaftsstandort Bremen“ sieht dagegen die FDP. Handelskammer-Präses Lutz Peper meint, die unternehmerische Entscheidung müsse man akzeptieren, aber es sei „bedauerlich“, dass Bremen damit „ein gutes Stück Wirtschaftskraft und auch Zukunftsfähigkeit“ verliere. Geradezu originell ist dagegen die Stellungnahme der CDU: „Noch nie hat eine Regierung in so kurzer Zeit so viele Arbeitsplätze vernichtet wie dieser rot-grüne Senat.“ Die SWB hätte wegen der Haltung des Senats „die Notbremse gezogen“, behauptet der CDU-Mann Thomas Röwekamp.