„Frauen gründen anders“

DISKUSSION Die Liberale Gesellschaft fordert mehr selbstständige Frauen in der Bremer Wirtschaft

73, Mitglied der Liberalen Gesellschaft Bremen und Mitautor einer Denkschrift zur Zukunft Bremens

taz: Herr Krauß, hat Bremen zu wenig selbständige Frauen?

Herrmann Krauß: Ja, im Vergleich mit anderen Großstädten ist die Frauenquote bei Selbständigen zu niedrig. In Bremen sind es nur fünf Prozent. In Frankfurt, München oder Stuttgart sind es dreimal so viele.

Die sind ja viel größer – hinkt ein Vergleich da nicht?

Deshalb vergleiche ich gerne mit Nürnberg, weil die Stadt fast genauso groß ist wie Bremen. Nürnberg hat wie wir ein schwaches Umland und trotzdem wesentlich mehr selbständige Frauen. Das hat strukturelle Gründe.

Welche?

Einer dieser Gründe ist sicherlich der Stolz der Bremischen Politik auf ihren hohen Industrieanteil. Das produzierende Gewerbe ist eine feine Sache, aber im Vergleich zu dem, was beispielsweise in Frankfurt das Geld bringt, nämlich die Dienstleistungen, sind wir in Bremen nicht besonders reich gesegnet.

Woran liegt das?

Wenn ich es wüsste, würde ich es Ihnen natürlich sagen.

Aber Sie haben eine Idee?

Klar, meine Lieblingsidee beruht auf der Tatsache, dass die meisten Unternehmen im Viertel gegründet werden. Das liegt nicht an den vielen kleinen Läden, sondern daran, dass faszinierende Ideen im Bereich der neuen Technologien da entstehen, wo das Leben noch nicht so richtig domestiziert ist. Wo es wild, bunt und aufregend zugeht, entsteht auch Kreativität. Eine Stadt wie Bremen müsste rund um die Uhr leben, das tut sie aber nur teilweise, und das ist zu wenig.

Warum sind selbständige Frauen wichtig für Bremen?

Frauen gründen anders als Männer. Frauen gründen viel öfter Nebenerwerbsbetriebe und wollen nicht die großen Kapitalisten werden. Sie wollen ihre Ideen und Träume, etwa mit Schmuck, Design und Gesundheit verwirklichen. Mit ihren Betrieben bereichern selbständige Frauen die Attraktivität und Vielfältigkeit einer Stadt. Interview: Martin Stade

Presse-Club im Schnoor, 19 Uhr