Klamme Verhältnisse

KULTURPOLITIK Um das Defizit des Kunstvereins zu decken, plant sein Chef eine Benefiz-Auktion

Er trete ja nicht gleich in den Hungerstreik, sagt Florian Waldvogel, „dafür ist die Kunst im Vergleich zu anderen Problemen nicht wichtig genug“. Theatralisch aber ist es dennoch, was sich der Chef des Hamburger Kunstvereins da ausgedacht hat: Kunstwerke sollen versteigert werden, denn er könne ab September weder Gehälter noch Miete zahlen, so verkündete Waldvogel es am Montag auf der Homepage des Vereins.

Das nahm er gegenüber der taz gleich wieder zurück: „Natürlich werden wir weiter Gehälter und Miete zahlen. Aber da wir dieses Jahr nicht genug Drittmittel akquiriert haben, bleibt danach kein Geld für Ausstellungen übrig.“ Bis zu 150.000 Euro Defizit erwarte er zum Jahresende, sagt Waldvogel. „Der Kunstverein hat keinen Dispo.“

Deshalb hat er für den 13. September eine Benefiz-Auktion geplant, für die Künstler ihre Werke spenden. Natürlich nutze er die ohnehin notorisch klammen Künstler aus, räumt Waldvogel ein. „So etwas kann es auch nur einmal geben. Aber ich sah keine andere Möglichkeit mehr.“ Vergebens habe er Kultursenatorin Barabara Kisseler (parteilos) gebeten, den seit 1994 nicht erhöhten Sockelbetrag von 474.000 Euro, von dem 190.000 für Miete abgehen, um 50.000 Euro zu erhöhen. Genau die fehlten dem Verein Jahr für Jahr.

Die Kulturbehörde ist überrascht von Waldvogels Offensive: Bei Gesprächen im Mai dieses Jahres sei von einer so dramatischen Lage keine Rede gewesen, sagt Sprecher Stefan Nowicki. Auch habe man Hilfe bei der Akquise angeboten, worauf Waldvogel bislang nicht eingegangen sei. „Allerdings“, sagt Nowicki, „ist die Erhöhung des Sockelbetrags für den Kunstverein derzeit nicht geplant.“

Was passiert, falls sich die Akquise 2012 ähnlich schwierig gestaltet, weiß niemand. Waldvogel sagt, notfalls könne man eben nur noch zwei Ausstellungen jährlich zeigen statt acht.

Das Kunstvereins-Gebäude dichtzumachen und stattdessen einen „mobilen Kunstverein“ mit Ausstellungen an wechselnden Orten zu gründen, hatte Waldvogel einst bei seiner Bewerbung für den Leitungsposten vorgeschlagen. Damals allerdings war das bloß Spaß. PS