berliner szenen Zwicki

Ninjas in Neukölln

Als ich die Jungs das erste Mal springen sehe, aus dem Augenwinkel, traue ich meinen Augen nicht. Ich radle gerade den Weg entlang, der das Sommerbad Neukölln vom Fußballplatz an der Flughafenstraße trennt, und fahre, abgelenkt, fast in einen mir entgegenkommenden Rauhaardackel hinein. Täglich sind hier Horden von Teenagern auf ihrem Weg zum Freibad. Die meisten hängen am Eingang ab. Nur ein paar besonders Mutige stehen auf dem Fußgängerweg und warten in aller Seelenruhe darauf, dass niemand von Zwicki’s guckt.

Zwicki’s heißt der Imbiss an der Flughafenstraße, zwischen Sommerbad und Jahn-Sporthalle. Bei Zwicki’s bekommt man ein Nackensteak für 2,50 Euro. Ein Vorabendbier trinkt man hier um zwölf Uhr mittags. Ab fünf Uhr nachmittags hat Zwicki’s nämlich zu. Ein verkrampft grinsendes Würstchen, das Gesicht zwischen zwei Brötchenhälften eingeklemmt, hält auf dem Imbissschild den Daumen hoch. Dicke Männer in verschwitzten T-Shirts von der nahen Baustelle nehmen hier ihr morgendliches Steak zu sich, und Männer mit Pferdeschwänzen trinken hier Kaffee.

Beim nächsten Mal halte ich Ausschau und bleibe gleich stehen, als ich die drei Jungs entdecke. Ich beobachte, wie sie über den Zaun auf die Freibadwiese springen. Der Zaun ist zwei Meter hoch und wird oben von Stacheldraht geschmückt. Man kann auch nicht auf den Zaun klettern, weil die Gitterstäbe zu eng sind, um zwischen ihnen Halt zu finden. Die mutigen Teenager laufen den Zaun einfach mit viel Schwung senkrecht hoch und springen mit der letzten Kraft über den Stacheldraht auf die andere Seite. Bei Zwicki’s hat das bislang noch niemand mitgekriegt. MAREIKE BARMEYER