Kommunisten-Bashing und Kaiser-Trashing
: Der konzertierte Rechtsruck

Ich war einst mit dem jüngsten Hohenzollern im Internat gewesen

VON HELMUT HÖGE

Was hat die Kritik an „Die Linke“ mit der Hohenzollern-Hochzeit zu tun, fragten sich einige Leute in der Boheme-Kneipe „Rumbalotte“. Die Dauerkritik an der Partei begann, als die Vorsitzende das Wort „Kommunismus“ (wieder-)verwendete. Es folgten einige IM-Enttarnungen im Umfeld der Partei. Und dann erregte die Junge Welt die Westpresse: Sie gedachte mit einem großen, roten „Danke“ der 1961 errichteten Mauer, zeigte Fotos von trotzigen Betriebskampfgruppen und erinnerte daran, dass dieses Bollwerk immerhin 28 Jahre Leute wie Hubertus Knabe von der Stasijagd abgehalten habe.

Auch in der „Rumbalotte“ war ein JW-Autor dabei, dem dies zu weit gegangen war. Ähnliches hatte zuvor ein anderer Autor getextet, seine Entgegnung hatte die JW abgedruckt. In der Vergangenheit war es bereits mehrmals vorgekommen, dass sich JW-Autoren von ihrer Zeitung distanziert hatten – und das in der ebendort veröffentlichen wollten. Sie schrieben fürs Feuilleton, das deswegen auch als Einfallstor der Westler in die einst größte DDR-Zeitung bezeichnet wird.

„Die Linke“ brachte sich dann wieder in die öffentliche Aufmerksamkeit, indem ein Dankesbrief des Parteivorstands an Fidel Castro – für 100 Jahre kubanischen Sozialismus – zu den Westmedien gelangte. Da wurde ein „Diktator“ verherrlicht!

Einer der Diskutierer in der „Rumbalotte“ warf ein, dass sich diese ganzen medialen Polit-Phänomene in dem einstigen Bonzenghetto Wandlitz, wo sich nun die „Brandenburg-Klinik“ befinde, real niederschlügen, indem man dort alle depressiven Patienten aus dem Osten im „Honecker-Bungalow“ konzentriere. Er, Honecker, sei damals dort ebenfalls depressiv geworden. Ein anderer wies darauf hin, dass die „Danke“-JW in vielen DDR-Städten sofort ausverkauft war, in Magdeburg hätten seine „Hooligan-Kumpel“ sogar Kopien davon verteilt.

Und dann wollte er mehr über die Hohenzollern-Hochzeit wissen, deren TV-Moderatorin die Berliner Zeitung auf Seite 1 porträtiert hatte. Ich war einst mit dem jüngsten Hohenzollern im Internat gewesen. Er war so verklemmt, dass er uns, um in Kontakt zu kommen, laufend Geld lieh. Wenn wir es ihm zurückgeben wollten, bestritt er, uns was gegeben zu haben. Nett! Sein älterer Bruder war militärisch überengagiert: Bei einer Übung in Schwanewede wurde er von seiner eigenen Panzereinheit überrollt. Ein weiterer Hohenzollern musste seine Doktorarbeit in Geschichte zurückgeben, weil er zu viel plagiiert hatte.

Dieser Spross nun, der in Potsdam wieder zelebrierende künftige deutsche Kaiser, heiratete eine Prinzessin aus dem Birsteiner-Isenburg-Geschlecht. Dieses wurde durch Helene von Isenburg berühmt, die nach dem Krieg mit prominenter Beteiligung, etwa hochrangiger SS-Offiziere, den gemeinnützigen Verein „Stille Hilfe“ gründete: eine Fluchthilfeorganisation für deutsche Kriegsverbrecher. Wir haben es hier also, bei der Potsdamer Hochzeit, qua Blutsverbindung („Das Geheimnis des Adels ist die Zoologie“, Karl Marx) mit einer üblen Verschwörung zu tun. Diese erhellt sich aus der wachsenden Empörung der Ostler gegenüber dem Westen – und umgekehrt aus der Dreistigkeit der Westler, mit der sie deren Kommunistisch-Werden entgegentreten.

War dieser konzertierte Rechtsruck der Kapital- und Staatsmedien aber nun ein Ausdruck von Nervosität und Schwäche – angesichts der weltweit auflodernden Aufstände – oder im Gegenteil von Stärke, indem auch noch das letzte Stasi-Schwein und kommunistische Artikulieren ans Licht gezerrt wird, um es auszumerzen: mit Öko, Menschenrechten und sozialen Medien?