OHNE PAKISTANS HILFE WIRD ES IN AFGHANISTAN KEINEN FRIEDEN GEBEN
: Die Friedensdschirga und ihre Feinde

Eine alte Pazifistenweisheit besagt, dass man Frieden nur mit seinen Feinden machen kann. Insofern war nicht allzu viel zu erwarten gewesen von der „Friedensdschirga“, die nun in Kabul zu Ende gegangen ist. Denn die Feinde der afghanischen Regierung, die Taliban, waren ebenso wenig anwesend wie ihre Verbündeten von al-Qaida oder der paschtunische Warlord Gulbuddin Hekmatjar.

Während in der Hauptstadt die „Weißbärtigen“, wie man in Afghanistan die Stammesältesten nennt, mit Präsident Hamid Karsai redeten, ging im Süden des Landes der Krieg zwischen Taliban und Koalitionstruppen weiter. Was zeigt, dass ein großer Teil der Feinde des Friedensprozesses nicht gesprächsbereit ist. Sie sind nur durch verstärktes militärisches Engagement – auch der internationalen Gemeinschaft – zu bekämpfen.

Zwar ist es durchaus zweifelhaft, ob eine Dschirga – eine traditionelle Stammesversammlung – ein sinnvolles Instrument ist, nachdem sechs Jahre Arbeit in den Aufbau demokratischer Institutionen in Afghanistan geflossen sind. Doch es lassen sich zumindest zwei positive Ergebnisse dieser Dschirga hervorheben: Zum einen kam Pakistans Präsident, General Pervez Musharraf, doch noch, wenn auch nur auf erheblichen Druck der USA. Sollte Musharrafs derzeitige innenpolitische Schwäche dazu führen, dass er nolens volens stärker gegen die Taliban auf pakistanischem Staatsgebiet vorgeht, wäre das ein Schritt in die richtige Richtung. Denn ohne Pakistan ist in Afghanistan kein Frieden möglich. Zum anderen ist es wichtig, dass Karsai wieder stärker mit den paschtunischen Stämmen im Süden und Osten des Landes ins Gespräch gekommen ist. Denn die erhoffte Einbindung sogenannter moderater Taliban in die Regierung ist eine Illusion. Die Taliban spielen in diesem tödlichen Spiel auf Sieg, nicht auf Remis.

Richtig ist hingegen, dass viele paschtunische Stämme enttäuscht sind von Karsai, da in ihren Siedlungsgebieten in den Jahren nach dem Petersberger Abkommen keinerlei Entwicklung stattgefunden hat. Sie stehen den Taliban politisch nicht sehr fern, da deren Version des Islam mehr Ähnlichkeit hat mit dem traditionellen paschtunischen Gesetzeskodex, dem Paschtunwali, als mit der Lehre des Propheten. Sie sind allerdings für eine Zusammenarbeit mit der Regierung durchaus zu gewinnen, wenn sie den Eindruck haben, dass es ihnen wirtschaftliche Vorteile sowie Sicherheit und Ordnung bringt. Die Friedensdschirga war daher ein wichtiger Anfang. Nun müssen Taten folgen – von der Regierung und der internationalen Gemeinschaft. BRITTA PETERSEN