HAMBURGER SZENE
: Hier komme ich

Im Sommer gehört das Schanzenviertel am Schulterblatt den Fußgängern, egal ob Gehweg oder Straße. Die Autofahrer haben es schwer, oft kommen sie nur im Schritt-Tempo vorwärts. „Ey, hast du hier etwa ein Tempo dreißig Schild gesehen?“, schreit mich mein Mitbewohner an, als ich ihn bitte, ein wenig vom Gas zu gehen. Mit 50 rast er unter der Bahnunterführung durch, ungefähr dreißig Meter vor uns gehen zwei Fußgänger über die Straße.

Sie sehen den schwarzen Opel, der auf sie zu schnellt, zögern einen Moment, aber nein, sie entschließen sich noch über die Straße zu gehen, ganz gemächlich. Das Auto kann ja bremsen.

Doch die Rechnung haben sie ohne meinen Mitbewohner gemacht. Ohne zu bremsen fährt er auf die zwei Gestalten zu und hupt kräftig. „Hier ist doch kein Wunschkonzert“, schreit er. Als Reaktion auf das Hupkonzert streckt der Mann ihm zuerst den Mittelfinger entgegen, dann schlägt er mit seinem Stoffbeutel gegen die Heckscheibe.

Mit einem lauten Knall prallt der mit Marmeladengläsern gefüllte Beutel gegen die Scheibe, sie bricht sofort.

Mit einem Ruck kommt der Opel zum stehen, außer sich steigt mein Mitbewohner aus. „Du hättest mich fast überfahren“, schreit der Fußgänger. Die beiden werfen sich Vorwürfe an den Kopf. Der Fußgänger fühlt sich vollkommen im Recht. Für ihn ist die Schanze eine Fußgängerzone, Autos hätten zu halten. Das Zertrümmern der Scheibe… na der Fahrer hätte doch bremsen können. BIRTE STAUDE