Vielfalt klug nutzen

FORTBILDUNG In Bremen werden Führungskräfte, Sozialarbeiter und Selbstständige in ‚Diversitiy Managment‘ geschult. Das soll helfen, die Potentiale der MitarbeiterInnen besser auszuschöpfen

Werden Mitarbeiter nicht wertgeschätzt, bringen sie häufig weniger Leistung und werden öfter krank.

VON LAURA KOCH

Lawrence Oduro-Sarpong ist intolerant. Das behauptet der Personalentwickler von sich selbst. Dabei gibt Oduro-Sarpong Schulungen über Wahrnehmung und Reflexion von Diskriminierung. Doch er sagt: „Wer behauptet, er sei tolerant, hat nicht verstanden, dass er es nicht ist.“

Vollständig frei von Vorurteilen und Missgunst zu werden, sei ein lebenslanger Prozess. Oduro-Sarpong ist einer jener Experten, die im „Bremer Forum Diversity“ ab September eine berufsbegleitende Fortbildung im „Diversity Management“ anbieten. So heißt eine Methode, die Menschen befähigt, soziale Vielfältigkeit am Arbeitsplatz zu fördern und zu koordinieren.

Das sei heutzutage unbedingt notwendig, finden die Anbieter der Fortbildung: „Globalisierung hat überall Einzug gehalten“, sagt Ulrike Brunken vom Paritätischen Bildungswerk Bremen (PBW). „Unternehmen können ihre Augen vor pluralistischen Lebensformen nicht mehr verschließen.“

Deshalb gründete sich 2008 das Forum unter der Leitung des PBW. In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität und der Hochschule Bremen geben Trainer Schulungen für Führungskräfte, Sozialarbeiter und Selbstständige. TeilnehmerInnen lernen ein Jahr lang in Wochenendseminaren, Diskriminierung zu bekämpfen. Zugleich sollen Potenziale von Angestellten verschiedenen Geschlechts, Alters, unterschiedlicher Herkunft und Religion gezielt genutzt werden. Dabei gehe es nicht um „Nächstenliebe“, sagt Brunken. „Es gilt vor allem, Vielfalt ökonomisch zu nutzen.“

Das sieht Lawrence Oduro-Sarpong genauso. „Diskriminierung muss erst als solche wahrgenommen werden“, sagt er. „Ich rechne Unternehmen vor, wie hoch ihr finanzieller Verlust ist, wenn sie diese zulassen.“ Würden Mitarbeiter nicht wertgeschätzt, brächten sie häufig weniger Leistung und würden öfter krank, so der Personalentwickler. Sowohl interne als auch externe Diskriminierung sei von Bedeutung: Egal ob Firmen oder Non-Profit-Organisationen, sie alle wollten ein Produkt verkaufen, sagt er. „Dafür müssen sie in der Lage sein, verschiedene Kundenkreise anzusprechen.“

Das zeige sich schon in der Außenwirkung einer Firma, findet Ulrike Brunken: „Wenn ein Werbeplakat nur deutsch aussehende Gesichter zeigt oder Mutter- Vater- und zwei Kinder als typische Familie präsentiert, fühlen sich viele Leute heutzutage nicht mehr angesprochen.“

Zum Beispiel Menschen mit Migrationshintergrund. Diesen Begriff findet der Ghanaer Oduro-Sarpong verfehlt: „Damit steht die Herkunft eines Menschen eher im Vordergrund und es werden nur bestimmte Landsleute kategorisiert“, sagt er. Bei Bundesverteidigungsminister de Mazière frage auch niemand nach seinem Migrationshintergrund, „obwohl den sein Name vermuten lässt“.

Besonders Mittelstandsunternehmen sollen sich vom Bremer Fortbildungsangebot angesprochen fühlen. „Die Großen, wie Kraft Foods oder Mercedes haben dafür extra Abteilungen“, sagt Brunken. Wirtschaftliche Ziele sind gleichzeitig von politischem Interesse: Das „Bremer Forum Diversity“ steht unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) und wird durch den Europäischen Sozialfonds unterstützt.

Das Bremer Messtechnik-Unternehmen Sikora AG setzt bereits auf Vielfältigkeit. Die Firma hat beispielsweise viele Führungspositionen mit Frauen besetzt. Dass die Führungsebene Diversity Management betreibt, läge ohnehin in den Strukturen des Familienunternehmens, sagt Sikora-Sprecherin Katja Giersch. Letztlich komme es bei der Zusammensetzung der Belegschaft einzig auf die Qualifikation an.

Dennoch setzt Sikora auf Bausteine des Konzepts: Frauen können gegebenenfalls nach der Babypause wieder in ihre Abteilungen zurückkehren, Teilzeitposten werden vergeben. Statt einer Kantine, hat Sikora ein „Firmenrestaurant“ mit gesundem Essen. Obendrauf zahlt das Unternehmen seinen Mitarbeitern einen Teil der Mitgliedschaft im Fitnessstudio. Eine Win-Win-Situation für beide Seiten, berichtet Giersch: „Die vielen Facetten des Diversity Management spiegeln sich in der hohen Zufriedenheit der Mitarbeiter wider“. Daraus resultiere letztlich hohe Produktivität des Einzelnen und Unternehmenserfolg.