Jukebox

Geschichte des Scheiterns

Zwei Alben, mehr haben 18th Dye während ihres Bestehens – immerhin so ziemlich die kompletten Neunziger hindurch – nicht hinbekommen. Doch diese Platten haben gereicht, um die Band unsterblich zu machen. Eigentlich fällt einem auch keine andere deutsche Band ein, die mit so großer Selbstverständlichkeit ami-indierockig und damit internationalistisch und völlig undeutsch klang, wie dieses dänisch-deutsche Trio mit Wohnsitz Berlin. Normalerweise haben deutsche Bands im Ausland dann Erfolg, wenn sie irgendetwas Teutonisches transportieren – 18th Dye wurden in England und den USA jedoch deswegen so gefeiert, weil sie mit den heute schon klassisch gewordenen Indierockgrößen des Post-Grunge locker mithalten konnten und trotzdem einen eigenen Sound hatten. Hört man sich „Tribute to a bus“, ihr Zweitwerk heute, zwölf Jahre später, an, ist man immer noch baff, wie eigenwillig dieses Trio war. Allein der Titel: Tribut an einen Bus – was für eine Vorgeschichte mag dazu geführt haben? Dann die Linernotes im Booklet – welche Band leistet sich heute noch Linernotes? Dann wird mit einem Instrumentalstück die Platte eingeläutet – wer traut sich heute noch, so sachte den Einstieg in ein Werk vorzubereiten, wo doch der erste Höreindruck über Kauf oder Nichtkauf entscheidet?

„Tribute to a bus“ klingt süß, sperrig, melancholisch und mitreißend gleichzeitig, die Produktion von Steve Albini so trocken, wie er es heute nicht mehr hinzubekommen scheint. Mit ihrem 2. Album waren 18the Dye schon vollendet, wäre danach nicht alles dermaßen schief gelaufen, hätte sie es noch sonst wohin bringen können. Diese Geschichte des Scheiterns, die 18the Dye umweht, lässt „Tribute to a bus“ retrospektiv noch trauriger und geheimnisvoller klingen. Die Verweigerung, ein Stück auch mal fließen zu lassen und die Lust auf die Dekonstruktion des Songschemas wirkt heute wie eine Metapher auf das Verwehen dieser Band. Persönliche Probleme führten dazu, dass das Trio außer einer Peel Session 1999 nichts Nennenswertes mehr zustande brachte. Man hört in „Tribute to a Bus“, dass diese Band ein emotionales Versuchslabor war und wie schwer es ihr fiel, sich nicht selbst im Weg zu stehen. Deswegen klingt die Platte auch alles andere als routiniert. Seit einem Jahr touren 18the Dye wieder gemeinsam und arbeiten an einer neuen Platte. Dass die Band sich zu gut versteht, sollte man ihr deswegen nicht wünschen. ANDREAS HARTMANN