IRMGARD SCHRAND, ISLAMWISSENSCHAFTLERIN IN POLIZEIDIENSTEN
: Die Staatsschützerin

■ 50, leitet seit 2008 die fünfköpfige Arbeitsgruppe „Prävention islamistischer Extremismus“ der Hamburger Polizei.

Der 11. September 2001 hat auch das Leben von Irmgard Schrand verändert: Zuvor wohnte die Islamwissenschaftlerin in Kairo und forschte über Juden in Ägypten; danach folgte sie dem Ruf des Staatsschutzes und zog nach Hamburg. Die Hansestadt musste auf die Terroranschläge in den USA reagieren, zumal einige der Täter im Stadtteil Harburg gelebt und an der Technischen Universität studiert hatten. Von Schrand erhoffte sich die Polizei Hilfe bei Ermittlungen von Taten mit islamischem Hintergrund.

Heute leitet die 50-Jährige ein bundesweit einmaliges Team, das Strategien gegen islamistischen Extremismus entwickelt. Sie besucht Schulklassen und unterstützt Eltern und Lehrer von Jugendlichen, die in die Fänge fundamentalistischen Glaubens geraten. „Es geht uns nicht darum, jemanden zu belehren“, sagt sie. „Wir bieten Beratung und ein Netzwerk an, wir wollen Wege aus der Sprachlosigkeit aufzeigen.“ Es sei wichtig, dass man die Heranwachsenden früh auf ihre Ideen anspreche.

Schrand glaubt, dass die geistliche Dimension der Religion für jugendliche Islamisten nur eine geringe Rolle spiele. Wichtiger seien ihnen gesellschaftspolitische Forderungen und Regeln, die sie aus dem Koran herauslesen. Viele würden an Verschwörungstheorien glauben, wonach der Anschlag in New York vom US-Geheimdienst verübt worden sei oder Osama bin Laden noch lebe.

Die hiesigen Islamisten würden sich immer weiter von der Politik und den Auffassungen ihrer Herkunftsländer entfernen, sagt Irmgard Schrand. Das hätte die paradoxe Folge, dass ihre Botschaften zunehmend deutscher würden. „Exemplarisch zeigt dies das Beispiel Pierre Vogel“, sagt sie. „Für viele Jugendliche in Deutschland ist er eine Identifikationsfigur, bei Imamen spielt er hingegen kaum eine Rolle.“

Schrand hält wenig davon, Islamisten und Hasspredigern wie Vogel mit Anwälten entgegen zu treten. „Ich setze mich dafür ein, mit allen Leuten in eine Diskussion einzusteigen“, sagt sie. Verbote nützten wenig, weil Thesen dadurch nicht aus der Welt geschaffen würden. Eine inhaltliche Auseinandersetzung sei immer besser. DBÜ