Worin uns’re Stärke besteht…

WARNSTREIK Beim Autozulieferer Autoliv tritt die Stammbelegschaft in den „Solidaritätsstreik“ gegen Produktionsverlagerungen bei Tochterfirmen. Das Bundesarbeitsgericht hatte das 2007 erlaubt

„Die Leute sollen mit einer Billiglösung abgespeist werden“

UWE ZABEL, IG METALL UNTERELBE

Mit Arbeitskampfmaßnahmen haben die Belegschaften des schwedisch-amerikanischen Autoliv-Konzerns in Norderstedt, Rellingen und Elmshorn gegen geplante Produktionsverlagerungen ins Ausland demonstriert. Dabei berief sich die IG Metall Küste erstmals auf die neue Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach sich auch eine nur sekundär betroffene Stammbelegschaft zur Unterstützung der betroffenen Belegschaften an Streiks beteiligen darf.

Das Autoliv-Management plant zurzeit eine weitgehende Umstrukturierung des Konzerns. Im Stammwerk in Elmshorn, wo Gurte und Airbags für die Autoindustrie produziert werden, sollten bereits Jobs abgebaut werden, was durch eine Streikandrohung für einen Sozialtarifvertrag weitgehend unterbunden werden konnte – im Gegenzug gab es sogar langfristige Arbeitsplatzgarantien. Nunmehr kündigte die Autoliv-Konzernleitung an, die Tochterfirma Norma in Rellingen und Norderstedt mit insgesamt 150 Beschäftigten im kommenden Jahr stillzulegen. Die Produktionen der Autoliv-Zulieferer sollen in die billigere Türkei und nach Estland verlagert werden. „Die Belegschaften sollen mit einer Billiglösung abgespeist werden“, sagt Uwe Zabel von der IG Metall Unterelbe.

Die Gewerkschaft nutzte die Gunst der Stunde. Weil ohnehin in Elmshorn eine Betriebsversammlung angesetzt war, rief sie die Norma-Belegschaften für Montag zum Warnstreik auf. Mit Bussen fuhren die Streikenden zu ihren Konzern-Kollegen nach Elmshorn, wo sich die drei Belegschaften vereinten. Rund 800 Beschäftigte demonstrierten daraufhin über die Otto Hahn-Straße zur Autoliv-Deutschland-Zentrale, wo die Norma-Belegschaft kurzfristig den Haupteingang zur Zentrale besetzte. „Wir können nicht nur gut arbeiten, sondern auch gut kämpfen“, sagt die Betriebsratsvorsitzende Birgit Jeksties. Auch gegen einen großen Konzern wie Autoliv.

„Der Autoliv-Konzern macht hohe Profite“, sagt IG Metaller Zabel. Nun solle der Konzern in der Boomphase der Automobilindustrie einen vernünftigen Sozialtarifvertrag mit Abfindungen und Transfergesellschaft anbieten, so Zabel, „sonst werden weitere Unterstützungsstreiks im Autoliv-Konzern folgen“.

Die Aktion ist möglich geworden, nachdem das Bundesarbeitsgericht 2007 Solidaritätsstreiks für zulässig erklärt hatte. Damals waren beim Redakteursstreik bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung die Drucker aus Solidarität mit den streikenden Redakteuren in den Warnstreik getreten und hatten eine Ausgabe verhindert, obwohl für die Drucker nach dem Tarifvertrag der Druckindustrie eigentlich eine Friedenspflicht vereinbart war. KAI VON APPEN