ULRIKE HERRMANN ÜBER DIE DEUTSCHEN AKTIEN IM JAHR 2014
: Ein Kamel mit sechs Höckern

Das Börsenjahr ist fast vorbei – aber gebracht hat es nichts. Für Anleger verlief 2014 enttäuschend. Kurz vor Silvester ist der deutsche Aktienindex DAX wieder dort angekommen, wo er im Januar auch schon stand. Bei etwa 9.800 Punkten.

Dazwischen war allerdings viel los. Die diesjährige DAX-Kurve erinnert an ein Kamel mit mindestens sechs Höckern. Immer wieder stürzten die Kurse ab, um dann erneut rasant zu steigen und mehrfach die magische Grenze von 10.000 Punkten zu überspringen. Nur um wieder zu fallen.

Die Börsianer wären keine Börsianer, wenn sie diesen irrationalen Kursverlauf nicht rationalisieren würden. Ob die Krise in der Ukraine, Regierungskrise in Griechenland, der fallende Ölpreis oder die Zinspolitik der EZB – jedes Ereignis taugte als Erklärung, warum der DAX zwingend schwanken musste. Doch im Rückblick sind nicht die erratischen Kursausschläge interessant, sondern bemerkenswert ist, dass es keinen stabilen Aktienboom gab. Jeder Gewinn wurde durch einen Verlust ausgeglichen. Offenbar ist die Finanzblase bereits bis zum Reißen gespannt – und lässt sich nicht weiter aufpumpen.

Dabei sah es für die Aktionäre so schön aus: Die EZB drückt auf die Zinsen, sodass sich Sparkonten oder Festgelder überhaupt nicht mehr rentieren. Normalerweise hätten die Anleger an die Börse fliehen müssen, um wenigstens dort Gewinne einzufahren. Doch stattdessen bewegten sich die Kurse nicht nach oben, sondern oszillierten seitwärts. Auch den Börsianern scheint zu dämmern, dass Deutschland keine Insel ist, sondern von der Krise in den Nachbarländern eingeholt wird. Seit dem Frühjahr wächst die deutsche Wirtschaft nicht mehr, sondern schrammt knapp an einer Rezession vorbei. Die Anleger ahnen zu Recht: Die Aussichten für 2015 sind nicht erfreulich.

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