Der Autobauer Saab beantragt Gläubigerschutz

AUTOS Fährt der Hersteller in den Graben – oder ins Grab? Ein Gericht entscheidet über die nahe Zukunft

STOCKHOLM taz | Die letzte Notbremse vor einem ansonsten fälligen Konkurs zog der schwer angeschlagene schwedische Autobauer Saab am Mittwoch. Bei Gericht wurde Antrag auf „Rekonstruktion“ gestellt. Eine Art Gläubigerschutz, um der eigentlich zahlungsunfähigen Firma einen Aufschub von drei Monaten vor weiteren Vollstreckungsmaßnahmen und einem Insolvenzantrag zu verschaffen. Das Versprechen der Unternehmensleitung: Mitte Oktober sei das notwendige Kapital vor allem chinesischer Investoren in der Kasse, mit dem das weitere Überleben von Saab garantiert werden könnte.

Das Amtsgericht in Vänersborg, in dessen Zuständigkeit die Saab-Fabrik Trollhättan liegt, vertagte seinen ursprünglich für denselben Tag angekündigten Beschluss, ohne zunächst einen neuen Termin zu nennen. Bei Ablehnung des Antrags wäre ein Saab-Konkurs die Folge. Im Zusammenhang mit dem Rekonstruktionsantrag wurde offenbar, dass Saab allein bei Lieferanten Schulden von rund 280 Millionen Euro hat. Und die Schuldenlast insgesamt mit etwa 700 Millionen Euro rund 100 Millionen über der Summe der Aktiva liegt. Da in Trollhättan bereits seit April keine Autos mehr produziert worden sind, gleichzeitig aber kein Personal entlassen wurde, wird dieser Schuldenberg täglich höher.

Eine von den chinesischen Autounternehmen Pang-Da und Youngman in Aussicht gestellte Geldspritze in Höhe von 250 Millionen Euro würde die akute Zahlungsunfähigkeit von Saab daher allenfalls vorübergehend lösen. „Alles andere sind Träume, und die sind für ein Gericht juristisch uninteressant“, hielt der Konkurs-Experte Rolf Åbjörnsson den Versuch von Saab, sich noch einmal aus der Schlinge zu ziehen, deshalb für zum Scheitern verurteilt. Andere Analytiker erwarteten, das lokale Gericht, das Saab vor zwei Jahren schon einmal eine Rekonstruktion genehmigt hatte, könne der Autofirma, die immer noch der Stolz der Region sei, noch einmal eine Chance geben.

Für Åbjörnsson wäre dies nur der Versuch, dem Staat, der dann für drei Monate die Löhne der 3.600 Beschäftigten übernehmen würde, noch mal Geld abzuluchsen. Medien haben ausgerechnet, dass das lange Sterben von Saab jedenfalls für den Haupteigentümer Victor Muller ein gutes Geschäft zu sein scheint: Dieser habe Millionen an Lohn und Bonus kassiert, und Gelder seien in einer unübersichtlichen Unternehmenskonstruktion verschoben worden.

REINHARD WOLFF