Niedersachsen fürchten um ihre Stadtwerke

Ab 2009 soll die so genannte Anreizregulierung dafür sorgen, dass Strom und Gas für die Endkunden billiger wird. Stadtwerke müssten in eine unfaire Konkurrenz zu den großen Energiekonzernen treten, sagen Oberbürgermeister

„Wenn das eine oder andere Stadtwerk dran glauben muss, dann ist das halt so“, sagt Günter Hörmann von der Verbraucherzentrale

Niedersachsens Oberbürgermeister sehen die Zukunft der Stadtwerke in Gefahr. Die geplante Anreizregulierung der Entgelte für Strom- und Gasnetze bedrohe die städtischen Versorgungsunternehmen, heißt es in einem Brief an Ministerpräsident Christian Wulff (CDU). Zwölf Oberbürgermeister und eine Oberbürgermeisterin haben den Brief unterzeichnet.

Mitte Juni beschloss die Bundesregierung, dass Konzerne und Stadtwerke künftig weniger Geld für die Durchleitung von Strom und Gas durch ihre Netze verlangen dürfen. Dadurch soll Energie auch für den Verbraucher billiger werden. Die deutschen Strom- und Gasnetze werden von den vier großen Konzernen Eon, RWE, EnBW und Vattenfall sowie von hunderten Stadtwerken betrieben. Sie verlangen für die Durchleitung des Stroms sehr unterschiedliche Preise. Künftig müssen aber alle Anbieter ihre Preise auf das Niveau des günstigsten Netzbetreibers absenken. Dafür haben sie ab dem Jahr 2009 zehn Jahre Zeit. Auch der günstigste Preis, an dem sich die anderen Anbieter orientieren müssen, wird per Verordnung sinken: In den ersten fünf Jahren jeweils um 1,25 Prozent, in den zweiten fünf Jahren jährlich um 1,5 Prozent.

Dieser Vorschlag braucht allerdings noch die Zustimmung des Bundesrates. Niedersachsen solle nicht zustimmen, fordern die OberbürgermeisterInnen in ihrem Brief. Es sei eine Verzerrung des Wettbewerbs, wenn künftig kleine Stadtwerke mit der Kostenstruktur größerer Unternehmen verglichen würden. Die Netzentgelte sollten sich nicht am effizientesten Unternehmen orientieren, sondern an der durchschnittlichen Effizienz. Würde die Verordnung wie geplant in Kraft treten, wäre langfristig die Unabhängigkeit vieler dezentraler Energieversorger bedroht.

Verbrauchervertreter, die sich vor allem um die Endkunden sorgen, hatten dagegen die angestrebte Senkung der Entgelte begrüßt und von der Politik sogar eine noch schärfere Gangart gefordert. So hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen den Vorschlag als „wenig anspruchsvoll und daher aus Sicht der Netzbetreiber eher angenehm“ bezeichnet – vor allem, da die Senkung der Entgelte über einen längeren Zeitraum und zu geringeren Prozentsätze erfolgen soll als ursprünglich geplant.

Auch Paul Krause, der Geschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages, sagte gestern, dass billige Energie im Interesse der Kunden liege. „Die Entgelte sind aber dazu gedacht, die Netze funktionsfähig zu halten.“ Mit ständig sinkenden Entgelten stünde langfristig die Versorgungssicherheit in Frage. Und dass immer mehr Netze in die Hände der vier großen Konzerne fallen könnten, sei nicht im Interesse der Kunden.

„Die generelle Richtung stimmt“, sagt hingegen Günter Hörmann von der Hamburger Verbraucherzentrale: „Wenn das eine oder andere Stadtwerk dran glauben muss, dann ist das halt so.“

Erst gestern bilanzierte die Bundesnetzagentur die erste Genehmigungsrunde, die seit Ende 2005 läuft – noch ohne Anreizregulierung, sondern stattdessen auf Basis der zugrunde liegenden Kosten der Anbieter. Die Anträge der Stromanbieter seien im Schnitt um 13 Prozent gekappt worden, diejenigen der Gaslieferanten um zwölf Prozent. „Offensichtlich war da ja noch Luft drin“, kommentierte Verbrauchervertreter Hörmann. KC