„Die Wahlen waren eine verpasste Chance“

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Michael Link ist dagegen, Kasachstan den OSZE-Vorsitz schon 2009 zu übertragen

MICHAEL LINK, 44, studierter Übersetzer für Russisch und Französisch, ist FDP-Abgeordneter im Deutschen Bundestag und Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der OSZE. Er beobachtete die kasachischen Parlamentswahlen am 18. August in der Wirtschaftsmetropole Almaty.

taz: Herr Link, Sie haben für die OSZE die Wahlen in Almaty beobachtet. Welche Regelverletzungen haben Sie registriert?

Michael Link: Vor allem der Auszählungsprozess war mangelhaft und intransparent. Das kasachische Wahlgesetz sieht vor, dass jeder Stimmzettel einzeln in die Höhe gehalten werden muss und dann das Ergebnis laut verlesen wird. Das war nicht der Fall. Stattdessen stapelten sich irgendwann die ausgezählten Stimmzettel in sieben Haufen vor den Vertretern der Wahlkommission, ohne dass die Beobachter eine Möglichkeit zur Kontrolle gehabt hätten.

Kasachstan möchte 2009 den Vorsitz der OSZE übernehmen. Ist dieser Zug jetzt abgefahren?

Diese Wahlen waren eine verpasste Chance. Derzeit wäre es durch nichts zu rechtfertigen, einem autoritär regierten Staat wie Kasachstan diesen Vorsitz 2009 zu überlassen. Aber wir wollen Kasachstan auch nicht brüskieren. Deshalb ist es jetzt wichtig, Zeit zu gewinnen. Sollte das Land sich demokratisch entwickeln, stünde der Übertragung dieser Aufgabe zu einem späteren Zeitpunkt nichts im Wege.

Eine Strategie für Zentralasien war einer der Kernpunkte der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Ist diese Strategie gescheitert? Muss sie überdacht werden?

Man darf hier keine kurzfristigen Ergebnisse erwarten. Wenn jedoch kein politischer Fortschritt messbar ist, so müssen im Rahmen dieser Strategie aber auch deutliche Worte gefunden werden. In jedem Fall muss diese Strategie aber weitergeführt werden. Unser Interesse an der Region wird ja nicht dadurch geringer, dass in Kasachstan keine demokratischen Wahlen stattgefunden haben.

Gibt es derzeit in Kasachstan Chancen für eine demokratische Entwicklung?

Ja, die Zivilgesellschaft in Kasachstan hat ein großes Potenzial. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass viele Kasachen im Ausland studieren. Ein Problem jedoch ist, dass, wenn dieses paternalistische Regime noch lange existiert, die besten und diejenigen, die sich nicht anpassen wollen, dem Land ganz den Rücken kehren. INTERVIEW: BARBARA OERTEL