Vattenfall-AKW qualmt mal wieder

Der schwedische Pannenreaktor Ringhals 3 muss nach einem Brandalarm abgeschaltet werden. Dabei war er erst zwölf Tage vorher wieder ans Netz gegangen. Atomexperten sehen darin ein Indiz für das Scheitern des „Pimp-my-Reaktor“-Konzepts

Bei den Untersuchungen am derzeit abgeschalteten Atomkraftwerk Brunsbüttel in Schleswig-Holstein sind erneut Defekte entdeckt worden. An den Pneumatikventilen des Schnellabschaltsystems seien undichte Membranen gefunden worden, teilte das für die Atomaufsicht zuständige Sozialministerium am Montagabend in Kiel mit. Sachverständige sollen nun klären, wie die Mängel entstehen konnten. Die Fehler seien der Aufsichtsbehörde vom Kraftwerksbetreiber Vattenfall als Ereignis der Kategorie N (für „normal“) mitgeteilt worden, hieß es. Dem Ministerium zufolge meldete Vattenfall am Montag auch die am Freitag bekannt gewordenen Risse an den Absaugeleitungen innerhalb und außerhalb des Sicherheitsbehälters des Atomkraftwerks Krümmel. Auch hierbei handle es sich um ein Ereignis der Kategorie N. Bisher seien 14 Risse in Rohrleitungen entdeckt worden. DPA

AUS STOCKHOLM R. WOLFF

Rauch ohne „eigentliches“ Feuer. Das war laut Vattenfall die Ursache eines Brandalarms im westschwedischen Atomkraftwerk Ringhals am Montagnachmittag. Ein elektrischer Fehler oder eine Überhitzung an einem der beiden Generatoren des Reaktors Ringhals 3 habe zu Rauchentwicklung in der neben dem Reaktorgebäude liegenden Turbinenhalle, zum Brandalarm und zu einem automatischen Turbinenstopp geführt. Es habe keine Gefahr für den Reaktor bestanden, ließ Vattenfall verlauten. Allerdings produziere Ringhals 3 wegen des Ausfalls einer der beiden Turbinen bis auf weiteres nur mit halber Leistung.

Ringhals 3 ist ein Pannenreaktor. Erst im November letzten Jahres hatte es hier einen Transformatorenbrand ähnlich dem vor einigen Wochen im Vattenfall-AKW Krümmel gegeben. Drei weitere außerplanmäßige Stopps gab es zwischen Januar und März.

Selbst wenn es diesmal tatsächlich kein Feuer gewesen sein sollte, so war es dennoch ein brandgefährliches Signal, meint der schwedische Atomkraftexperte und Ex-Vattenfall-Konstruktionschef Lars-Olov Höglund. Betroffen war nämlich eine Turbinen- und Generatorenanlage, die erst zwölf Tage vorher wieder in Betrieb genommen worden war – nach monatelangen Umbauten mit dem Zweck, aus dem seit 26 Jahren betriebenen Altreaktor mehr Leistung herauszuquetschen. Konstruiert worden war Ringhals 3 für eine Leistung von 920 MW, in Zukunft soll er 1.080 MW liefern. „Man jagt die Anlagen hoch bis zur Belastungsgrenze“, sagt Höglund: „Die Sicherheitsmargen werden immer geringer. Das kostet ja auch nichts. Und die Sicherheit zu erhöhen, würde ja etwas kosten.“

Ausgerechnet ein Zwischenfall an dieser umfassend umgebauten Turbinen- und Generatoranlage kommt für Vattenfall nicht nur wegen der nicht enden wollenden Fehlerkette in seinen deutschen AKWs zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Leistungssteigerungen bei Altreaktoren stehen nämlich bei nahezu allen schwedischen AKWs in den kommenden Jahren auf dem Plan. Dazu sollen Teile der Anlagen – auch der Nuklear-Komponenten – so „optimiert“ werden, dass die Reaktoren zwischen 12 und 15 Prozent mehr Strom ins Netz speisen können. Am Ende hofft man, in Schweden mit den jetzigen zehn Reaktoren mehr Atomstrom erzeugen zu können als früher mit zwölf.

Ein „schwedisches Modell“, das von der internationalen Atomstromwirtschaft mit Interesse verfolgt wird. Weshalb man im Februar auch zu einer entsprechenden Konferenz ins schwedische Oskarshamn eingeladen hatte, wo sich internationale Experten beeindruckt von den Plänen zeigten. Doch gleich beim ersten Schritt in Ringhals verkalkulierte man sich gründlich: Erst dauerten die Umbauten zwei Monate länger als geplant und waren allein wegen des damit verbundenen Produktionsausfalls 20 Millionen Euro teurer als errechnet. Und nun tauchen auch bereits nach weniger als zwei Wochen erste Fragen nach der Zuverlässigkeit und Sicherheit dieses „Pimp-my-Reaktor“-Konzepts auf.

Es sei eben so, wie wenn man ein Auto aus den Fünfzigerjahren hochtrimmen wolle, sagt Höglund, für den der jetzige Vorfall „alles andere als unerwartet“ kommt: „Und das nächste Mal kann es in der Reaktoranlage selbst passieren.“