Genmais verdorrt in Sachsen-Anhalt

Bis vor kurzem galt die Gentechnik noch als strategischer Förderschwerpunkt in Mitteldeutschland. Doch nun fährt die Landesregierung die Zahlungen zurück – wegen „Akzeptanzproblemen“. Gentech-Gegner atmen auf, die lokale Linke meckert

VON MICHAEL BARTSCH

Ein Jahr vor Auslaufen ihrer groß angelegten Biotechnologie-Offensive korrigiert die Landesregierung von Sachsen-Anhalt überraschend ihre Förderpolitik: Der Versuchsanbau gentechnisch veränderter Getreidesorten soll nicht mehr so stark gefördert werden wie bisher. „Er genießt nicht mehr die politische Präferenz“, bestätigt Jeannine Kallert, Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) hatte zuvor von einer „völlig überproportionalen“ Förderung“ gesprochen und in der Mitteldeutschen Zeitung die Frage gestellt: „Schieben wir ständig Geld nach, oder setzen wir die knappen Mittel mehr in anderen Branchen ein, die auch große Innovationspotenziale haben?“

Das kleine Bundesland wollte sich auf diesem gentechnischen Forschungsgebiet besonders profilieren. Über verschiedene Töpfe sollte die Biotechnologie mit etwa 100 Millionen Euro gefördert werden. Allein die Investitions- und Beteiligungsgesellschaft des Landes investierte bislang 65 Millionen Euro. In dem forschungsintensiven Bereich entstanden jedoch nur 400 neue Arbeitsplätze. Der Verein InnoPlanta in Gatersleben koordinierte die Anbauversuche insbesondere von schädlingsresistentem Genmais.

Von Anfang an wurden die Freisetzungsversuche von heftigen Protesten begleitet. Felder wurden zerstört, Landwirte schlossen sich zu gentechnikfreien Zonen zusammen. Dem trägt die Landesregierung offenbar Rechnung. Der Anbau sei ein „Risiko für die Landwirte“, sagte Wirtschaftsminister Haseloff. „Wenn 90 Prozent der Bevölkerung absolute Vorbehalte gegen genveränderte Lebensmittel haben, dann ist das ein Akzeptanz- und Marktproblem.“ Seine Sprecherin räumt ein, dass die Zahl der entstandenen Arbeitsplätze gleichfalls enttäusche. Hintergrund der Neuorientierung sei auch die jüngst vorgestellte Novelle des Gentechnikgesetzes, die unter Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) ähnlich scharf ausfalle wie unter seiner grünen Vorgängerin Renate Künast. Weitere Freisetzungsversuche würden damit nicht lukrativ. Das bedeute aber nicht, dass Sachsen-Anhalt seine komplette Biotechnologie-Förderung beispielsweise für das IPK-Leibniz-Institut in Gatersleben zurückfahre. Beantragte Projekte würden nur restriktiver geprüft.

Die Grünen in Sachsen-Anhalt begrüßten den Kurswechsel. Landesvorstandsmitglied Sebastian Striegel wies auf die unkontrollierbaren Risiken beim Pollenflug und Pollentransport von Versuchspflanzen hin. Zugleich kritisierte er den Vorschlag von Landwirtschaftsministerin Petra Wernicke (CDU), den Anbau statt auf Lebensmittelpflanzen nunmehr auf genmanipulierte Energiepflanzen zu konzentrieren. Man sei unabhängig von der Verwertung generell gegen den Anbau solcher Pflanzen. Auch FDP-Agrarpolitiker Johann Hauser nannte den Vorschlag Wernickes „praxisfremd“. Die Landtagsfraktion der Linken kritisierte dagegen den abrupten Kurswechsel und die pauschale Abwertung der bislang hochgelobten Technologien.