Opposition lobt Merkels deutliche Worte

DEUTSCHLAND Die Bundeskanzlerin warnt vor Pegida-Demonstrationen und nennt die Hilfe für Flüchtlinge „selbstverständlich“

BERLIN taz | Ungewöhnlich deutliche Äußerungen zur Aufnahme von Flüchtlingen und zu den Pegida-Demonstrationen haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Lob auch von den Oppositionsparteien Grüne und Linke eingebracht. Die AfD kritisierte dagegen Merkels Neujahrsansprache heftig.

Die grüne Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckhardt sagte, es sei richtig, dass die Kanzlerin unumwunden vor den Pegida-Demonstrationen gewarnt und zu mehr Menschlichkeit im Umgang mit Flüchtlingen aufgerufen hatte. Jan Korte von der Linkspartei sagte, Merkels Abgrenzung von Pegida sei „begrüßenswert“.

Beide Parteien forderten die Kanzlerin auf, den Worten nun Taten folgen zu lassen. „Regieren statt präsidieren, mehr Klarheit statt Nebel – das wäre für Frau Merkel doch ein guter Vorsatz für 2015“, sagte Göring-Eckardt.

Die Kanzlerin hatte in ihrer Ansprache erklärt, viele Flüchtlinge seien „buchstäblich dem Tod entronnen“. Es sei „selbstverständlich, dass wir ihnen helfen und Menschen aufnehmen, die bei uns Zuflucht suchen“. Sie führte als Beispiel einen Kurden auf. Der Mann sei unter Lebensgefahr aus dem Irak geflohen, sagte Merkel: „Er habe gesagt, das Wichtigste sei für ihn in Deutschland, dass seine Kinder hier ohne Furcht aufwachsen könnten.“

Das, so Merkel, „ist vielleicht das größte Kompliment, dass man unserem Land machen kann: dass die Kinder Verfolgter hier ohne Furcht groß werden könnten“.

Zu den Pegida-Kundgebungen sagte sie: „Heute rufen manche montags wieder ‚Wir sind das Volk‘. Aber tatsächlich meinen sie: Ihr gehört nicht dazu – wegen eurer Hautfarbe oder eurer Religion.“ Merkel forderte dazu auf, solche Demonstrationen nicht zu besuchen: „Folgen Sie denen nicht, die dazu aufrufen! Denn zu oft sind Vorurteile, ist Kälte, ja sogar Hass in deren Herzen!“

Heftige Kritik an Merkels Äußerungen kam von der AfD. Die Kanzlerin „verurteilt Menschen von oben herab, die sie gar nicht kennt“, erklärte deren Fraktionschef in Brandenburg, Alexander Gauland. AfD-Chef Bernd Lucke sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Merkel „stempelt die Menschen als fremdenfeindlich ab, ohne ihnen Gehör schenken zu wollen“.

Zwei Drittel der Bundesbürger meinen laut einer Forsa-Umfrage, die Gefahr einer Islamisierung in Deutschland werde übertrieben dargestellt. 29 Prozent sind der Auffassung, dass Pegida-Demonstrationen berechtigt sind. KLAUS HILLENBRAND