Kampf gegen Betriebsrat

ARBEITS-STREIT

Der Arbeitskampf ist vorbei – der Krieg geht weiter. Vor allem der Betriebsratsvorsitzende des Joghurtbecher-Herstellers Neupack, Murat Günes, ist weiterhin den Psycho-Attacken der Geschäftsführung ausgesetzt. Siebenmal seit dem Ende des neunmonatigen Streiks 2013 hat sie ihm gekündigt. Der Betriebsrat widersprach jedes Mal. Am Donnerstag verhandelt das Arbeitsgericht darüber im Paket.

Die Geschäftsführung wirft Günes alles Mögliche vor: Er habe seine Dienstfahrten zwischen den beiden Neupack-Standorten in Hamburg-Stellingen und Rotenburg an der Wümme nicht korrekt abgerechnet, was Detektive aufgedeckt haben wollen; er habe in Interviews dem Ruf des Betriebes geschadet; er habe sich krankschreiben lassen, obwohl er gesund gewesen sei.

Um letzteren Vorwurf zu untermauern, hat Neupack-Geschäftsführer Arne Höck kurz vor Weihnachten noch eins drauf gesetzt. Er beauftragte erneut eine Privatdetektei, die diesmal Günes Hausarzt ins Visier nahm – oder vielmehr dem Mediziner eine Falle stellte. Undercover suchte eine Detektivin in Manier einer „Ehe-Treue-Testerin“ die Praxis auf und gab eine Fußverletzung an, die bei längerem Gehen und Stehen „weh tue“. Der Arzt konnte zwar ad hoc keine Verletzung diagnostizieren. Dennoch attestierte er der Frau, dass sie bei einer Promotion-Aufgabe bei BMW, die mit langem Stehen verbunden wäre und wo Schuhe mit hohem Absatz Standard seien, wegen einer „Verstauchung des Sprunggelenks“ nicht eingesetzt werden könne.

Für Neupack-Geschäftsführers Höck ist damit klar: „Der Beweiswert der beiden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 19. 6. bis zum 1. 7. ist erschüttert.“ Der Mediziner sei ein „Krankschreibearzt“. Es folgte fristlose Entlassung Nummer acht.

Der Manager Arne Höck war von der Hamburger Neupack-Inhaberfamilie Krüger 2012 angeheuert worden, um einen Arbeitskampf mit der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) auszufechten, die einen Haustarifvertrag für die knapp 300 Beschäftigten forderte. Höck gilt als Profi des „Union Busting“, einer Firmenstrategie aus den USA mit dem Ziel, gewerkschaftliche Strukturen zu zerschlagen.

Bei dem Arbeitskampf machte Höck seinem Ruf alle Ehre: Der „Union Buster“ überzog die IG BCE und Streikende mit Klagen, Abmahnungen, Kündigungen, Hausverboten, Strafanzeigen sowie Polizeieinsätzen und heuerte frühzeitig eine quasi Ersatz-Belegschaft aus polnischen Leiharbeitern als Streikbrecher an. Nach neun Monaten Arbeitskampf kapitulierte die in dieser Beziehung unerfahrene IG BCE, die zuletzt nur noch an das Gewissen der Ehrbaren Hanseatischen Kaufmannsfamilie Krüger zu appellieren vermochte.

Doch Höcks Mission scheint noch nicht beendet zu sein. Die Kündigungsflut sei der Versuch, das Eintreten für einen Tarifvertrag und Arbeitnehmerrechte zu bestrafen, sagt Günes, der damals das betriebliche Rückgrat des IG BCE-Streiks war. „Unsere Wiederwahl als Betriebsrats-Mehrheit Anfang vorigen Jahres hat dieses Vorgehen vermutlich noch weiter provoziert.“  KVA