„Ankommen ist niemals leicht“

Bonjour Tristesse“ steht auf dem grauen, langen Gebäude in Berlin-Kreuzberg, das sich in einer ungewöhnlichen Rundung um die Straßenecke zieht. Entworfen hat es Anfang der Achtziger der portugiesische Architekt Álvaro Siza Vieira. Ganz oben fordert ein Graffito: „Bitte leben“. Es könnte das Motto sein von Tausenden Portugiesen, die seit dem Beginn der Finanzkrise nach Deutschland ausgewandert sind. Wie die Künstlerin Maria de Vasconcelos. Im September 2013 kam sie, 33 Jahre alt, mit ihrem Freund und ihrem dreijährigen Sohn nach Berlin.

„Wir wollten unser Kind nicht an einem Ort erziehen, wo wir nicht wussten, ob wir überleben würden“, sagt de Vasconcelos.

Sie klagt über die fehlende soziale Absicherung in Portugal, vor allem für Freiberufler. In Deutschland sei das anders. Ganz ohne Geld kam sie in Berlin an. Und weil sie kein Deutsch sprach, hatte sie oft den Eindruck, zwischen ihr und der Welt stehe eine riesige Mauer. „Jetzt lerne ich“, sagt de Vasconcelos. „Aber nein, ankommen ist niemals leicht.“

Mittlerweile hat die Familie eine Wohnung gefunden, einen Kindergarten für das Kind und auch Jobs. Als Schauspielerin ist de Vasconcelos ihr eigener Chef. Ihr Mann Paulo, in Deutschland geboren, arbeitet im Bereich erneuerbare Energien.

In Berlin, sagt de Vasconcelos, kämen die Menschen immer zusammen, „wenn sie sich unfair behandelt fühlen“. Das hat sie in Portugal so nicht erlebt. „Durch die Krise sind die Leute enger zusammengerückt, aber sie sind immer noch sehr isoliert mit ihren Problemen. Hier kämpfen die Menschen. Ich mag es, an einem Ort zu sein, an dem die Menschen noch eine Stimme haben.“

Sie vermisse Portugal, sagt Maria de Vasconcelos. Das tolle Wetter, das großartige Essen, die schönen Menschen.

„Aber ich weiß nicht“, fügt sie dann hinzu, „ob es das, was ich vermisse, überhaupt noch gibt.“

SARA MOREIRA