die taz vor 19 jahren über peter gauweiler und den „finalen rettungsschuss“
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Bayern gibt dem Rest der Welt Nachhilfeunterricht. Sondereinsatzkommandos des Schwarzen Peter (Gauweiler) demonstrieren mit einer medialen Trockenübung auf dem Kasernenhof, wie man sich Geiselnehmern schnell und unbürokratisch entledigt. Der „finale Rettungsschuß“, Geheimwaffe für alle Gelegenheiten. Das Geiseldrama von Gladbeck/Bremen als Remake in einer politischen Inszenierung des bayerischen Innenministeriums: piff-paff, Gangster tot, Geiseln gerettet, Stammtische jubeln, Ordnung wiederhergestellt. So geht Gauweilers Wild-West-Show.

Schamlos“, „grotesk“, „geschmacklos“, „zynisch“ – so wenden sich Grüne und Sozialdemokraten angewidert ab. Sie haben Recht. Aber keiner von ihnen wäre auf die Idee gekommen, einen eigenen Entwurf zu inszenieren. Wo bleibt das Nachspielen einer Geiselnahme mit einer vernünftigen Polizei? Warum sagt niemand, dass man die Täter hätte laufen lassen sollen? Welche Vorstellungen gibt es denn von einer humanen Polizei? Produziert diese Polizei nicht gerade Geiselnahmen, wenn sie bei Banküberfällen sofort zugreifen will? Welche Polizeistrategien hält der nachdenkliche Teil der Bevölkerung denn für richtig?

So bleibt Gauweiler, Strauß und Lang das Feld überlassen. Mit messianischem Eifer nutzen sie die Wirkung von Schrecken und Tod für ihre Aufrüstungsphantasien. Politische Leichenschändung wie schon bei Aids vorexerziert und passend zur Beerdigung des Opfers des Gladbeckers Geiseldramas, Silke Bischoff. Auch im Umgang mit Demonstranten hat Bayern bei ähnlichen Vorführungen gezeigt, wo es langgeht. Den Italienern wurde Nachhilfeunterricht beim Tempolimit auf Autobahnen gegeben. Vielleicht zeigt man als nächstes Herrn General Jaruzelski, wie man mit streikenden Arbeitern umgeht. Also: Bayerische Gebirgsjäger: Gewehr bei Fuß!

Manfred Kriener, taz vom 24. 8. 1988