„Punk ist eine Kunstform, die sich entwickelt“

Die Hamburger Punk-Band Abwärts gab ihr erstes Konzert 1979 und war eine der ersten Bands, die Punk mit deutschen Texten machten. Nach vielen Wechseln und Pausen hat die Band um Frank Z. nun eine neue Platte veröffentlicht – und ist wieder auf Tour

FRANK Z., 50, trat 1979 zum ersten Mal mit der Punk-Band Abwärts in Hamburg auf. Über die 80er und 90er hinweg gab es in der Band verschiedene Wechsel und Pausen. Vor drei Jahren beschlossen Frank Z. und Rodrigo González von den Ärzten, die Bandarbeit wieder aufzunehmen. Im Juni erschien das zehnte Abwärts-Album „Rom“

taz: Frank Z., Sie und Ihre Kollegen haben nach fast 30 Jahren Abwärts schon ein paar Jahre Lebensalter angesammelt, gleichzeitig ist Punk nicht die gemütlichste Musik auf der Bühne. Wie haben Sie sich vorbereitet?

Frank Z.: Ja, auf die Konzerte musst Du konditionell einigermaßen eingestellt sein, sonst kackst Du irgendwann ab auf der Bühne. Wir haben ein 90 Minuten-Programm, und das ist körperlich schon richtig anstrengend. Wir haben vorher drei Tage geprobt und dann geht das Proben weiter bei den Live-Konzerten, ganz stumpf gesagt.

Läuft also alles wie früher?

Na ja, früher haben wir sogar länger geprobt. Das ist jetzt alles ein bisschen professioneller. Ich spiele ja auch mit Super-Profis zusammen: Rod González ist ein super Musiker und unser Drummer hat auch schon tausend Sachen gemacht. Das ist dann auch einfacher mit solchen Typen.

Das erste Abwärts-Konzert war 1979. Sind Sie seitdem musikalisch mit der Zeit gegangen?

Ich denke, dass wir uns mit den letzten beiden Alben soundmäßig durchmodernisiert haben. Das hängt natürlich auch mit der Studiotechnik zusammen. Stilistisch ist es so, dass die Band noch nie auf den Hau-Ruck-Drei-Akkord-Punk festzulegen war. Da kommen mehr musikalische Elemente mit rein. Old-School-Punk waren wir noch nie.

Textlich aber macht es schon den Eindruck, dass es eine Bindung zu den Anfangstagen des Punk gibt.

Ja, das ist eine ständige Fortsetzung. Was hat sich von den Themen her von den 80ern bis heute verändert? Jeder hat ein Handy und Internet am Start, aber inhaltlich hat sich nicht so richtig viel getan. Damals war Kohl ewig lange Kanzler und jetzt ist es halt Angela Merkel.

Es ist tatsächlich alles beim Alten geblieben?

Natürlich hat sich von den 80ern bis heute etwas verändert. Es hat zwischendurch diverse Golfkriege gegeben, es hat den 11. September gegeben, also alles Sachen, die die öffentliche Wahrnehmung dramatisch verändert haben. Eigentlich kann man sagen, dass sich die Konflikte sehr verschärft haben im Vergleich zur Zeit Anfang der 80er.

Ist Punk eine adäquate Form, um darauf zu reagieren?

Ich reagiere nicht auf Politik, sonst wäre ich Politiker geworden. Punk ist eine Ausdrucksform. Es ist Musik, die zum Abbau von Aggressionen da ist. Da sind die Texte auch nur in Zusammenhang mit der Musik zu sehen.

Wie sieht es mit Ihrer Wut aus?

Die kann ich ganz gut kanalisieren über die Musik. Deswegen mache ich das ja.

Aber man könnte auch annehmen: Man wird ruhiger im Alter.

Das weiß ich nicht, keine Ahnung. Das kommt vielleicht noch.

Wie oft war Punk tot in den letzten 30 Jahren?

Das wurde immer wieder kolportiert. Aber Punk hat es immer gegeben. Punkrock wird es in 20 Jahren auch noch geben. Es gibt ja auch immer neue Bands: Da ist ein gewisse Entwicklung in dieser Kunstform. Ich habe auch kein Problem mit solchen Bands wie Green Day: Wenn die Millionen Alben verkaufen und alle schreien: Das ist Kommerz. Aber letztendlich haben sie ein super Album abgeliefert. Das muss man so sehen. INTERVIEW: KLAUS IRLER

Konzerte im Norden: 29.8. Bremen, Römer, 20 Uhr; 30.8. Hamburg, Grünspan, 21 Uhr