Schneller an die Basis

In Niedersachsen soll im nächsten Jahr ein Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung entstehen. Das soll Forschungsergebnisse bündeln und Informationen möglichst schnell an Eltern und Fachleute weitergeben

Einen Namen und eine dazu passende Abkürzung gibt es bereits: Niedersächsisches Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (NIFBE). Die Pläne dafür sehen nach Angaben der niedersächsischen Staatskanzlei bisher so aus: Einer von zwei Schwerpunkten wird das Forschungsinstitut sein, das an der Universität Osnabrück entstehen soll und in dem die Teildisziplinen Kinderpsychologie, Psychologie, Integrative Frühpädagogik und Hirnforschung zusammengebracht werden. Die Wissenschaftler, die sich mit den Teilgebieten befassen, arbeiten an verschiedenen Universitäten in Niedersachsen. Ihre Ergebnisse sollen in Osnabrück zusammengebracht werden.

Außerdem sollen fünf Netzwerke in Niedersachsen entstehen. Über sie sollen die Forschungsergebnisse möglichst schnell an die gelangen, die mit der Kinderbetreuung zu tun haben – also Eltern, Erzieherinnen, Tageseltern und Pädagogen. So sollen die langen Wege, die Forschungsergebnisse bislang bis zur praktischen Anwendung brauchen, verkürzt werden. Die fünf Teilnetzwerke werden in Emden, Lüneburg, Osnabrück, Hannover und Göttingen angesiedelt.

Die zentrale Koordinierung der Netzwerke übernimmt die Volkshochschule Osnabrück, die Träger der Lernenden Region Osnabrück ist. Zusammen mit Fluxus, der Lernenden Region Hannover, gründet sie dazu einen Verein. Der wiederum übernimmt in Zusammenarbeit mit der Universität Osnabrück den Aufbau des Netzwerkes. Fünf Millionen Euro lässt die Landesregierung sich das NIFBE kosten. Die sind zur einen Hälfte für praxisorientierte Projekte, zur anderen Hälfte für neue Stellen vorgesehen.

„Frühkindliche“ Bildung bezieht sich im Institut auf die Altersgruppe der Drei- bis Siebenjährigen. Bei dem Forschungsvorhaben gehe es um Früherkennungsmechanismen, heißt es dort. Vor allem sportpsychologische, musische und künstlerische Aspekte sollen berücksichtigt werden. Denn die spielen beim kindlichen Lernen eine wichtige Rolle. Im Schulunterricht wird auf diese Fächer bisher aber zu wenig Wert gelegt.

Zwar stellt sich die Landesregierung in den Pressemitteilungen über das NIFBE als Hauptakteur dar, doch die Idee hatten die Lernende Region Osnabrück und Fluxus. Sie reichten ihren Entwurf Ende letzten Jahres bei der Landesregierung ein. Der Schwerpunkt des Konzepts habe aber vor allem auf der Weiterbildung von Erwachsenen gelegen, heißt es in der Staatskanzlei. Die Landesregierung selbst habe den Schwerpunkt Forschung hinzugefügt. Denn frühkindliche Bildung läge Ministerpräsident Christian Wulff besonders am Herzen.

Das liegt sie vermutlich allerdings vielen. Doch mit dem neuen Konzept sind nicht alle zufrieden. Kritik kommt etwa von Gabriele Heinen-Kljajic, wissenschafts- und kulturpolitische Sprecherin der Grünen im niedersächsischen Landtag. Das ursprüngliche Konzept habe vorgesehen, dass alle Beteiligten auf Augenhöhe agierten. Durch die Ansiedlung des Instituts an einer Universität sei das aber gefährdet.

„Der Wissenstransfer wird so zur Einbahnstraße“, sagt Heinen-Kljajic. Forschungsergebnisse würden zwar zu Erziehern, Eltern und Pädagogen gelangen, doch die praktischen Erfahrungen aus Kindertagesstätten und Schulen würden nicht in der Wissenschaft ausgewertet. Grundsätzlich legt das Institut nach Heinen-Kljajics Meinung zu viel Gewicht auf den wissenschaftlichen Aspekt. „Es gibt genügend Forschungsergebnisse zum Thema frühkindliche Bildung“, erklärt sie. Es gehe vielmehr darum, die vorhandenen Strukturen zu nutzen, um diese auch umzusetzen. ANNE REINERT