Nicht kopflos gegen fristlos

Wer Mietschulden hat, muss sich davor hüten, die Wohnung zu verlieren. Schnelles Handeln und korrektes Verhalten gegenüber dem Vermieter können ein Räumung abwenden. Die finanzielle Last übernimmt in bestimmten Fällen der Staat

Die Sozialen Wohnhilfen der Bezirksämter und gegebenenfalls die Beratungsstellen der Wohnungsbaugesellschaften beraten Menschen, die Mietschulden haben. Das tun auch die Berliner Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen. Die Broschüre „Achtung, Mietschulden“ kann unter www.schuldnerberatung-berlin.de (Rubrik „Ratgeber“) abgerufen werden. Das Infotelefon hat die Nummer (0 18 05) 75 02 50. Ein Anruf kostet 14 Cent pro Minute. KL

VON KLAUS LEONARD

In Berlin nimmt schon seit Jahren die Armut deutlich zu. Das Statistische Landesamt verzeichnet für 2004 knapp 600.000 Personen, die von Armut betroffen sind (siehe unten). Das ist ein Anteil von 17,6 Prozent – also etwa jeder sechste Berliner. Anteilig gelten im Ostteil der Stadt knapp unter 15 Prozent der Bevölkerung als arm, im Westen fast 20 Prozent. Viele können kaum ihre Miete bezahlen. Zum finanziellen Problem kommt oft ein weiteres: Sie wissen nicht, wie sie sich bei Mietschulden verhalten sollen – und laufen dadurch Gefahr, ihre Wohnung zu verlieren, weil sie ihre Rechte und Pflichten nicht kennen.

Ernst wird es, wenn an zwei aufeinander folgenden Monaten die Miete nicht oder nicht vollständig gezahlt wurde und insgesamt ein Rückstand von mehr als einer Monatsmiete aufgelaufen ist. In diesem Fall kann der Vermieter fristlos kündigen. Das gilt auch, wenn die Miete über einen längeren Zeitraum nicht vollständig oder unpünktlich gezahlt wurde und Rückstände von insgesamt zwei Monatsmieten entstanden sind.

Wenn der Vermieter in solchen Fällen die Kündigung androht, sollten die Betroffenen umgehend Kontakt zu ihm aufnehmen und darum bitten, auf die Kündigung zunächst zu verzichten. Am besten wäre es, die Mietrückstände noch vor Zugang des Kündigungsschreibens auszugleichen. Damit verliert der Vermieter unter Umständen das Kündigungsrecht. Wer die Mietschulden aus eigener Kraft nicht mehr begleichen kann, sollte schnellstmöglich einen Antrag beim Sozialamt auf Übernahme der Miete stellen.

Können die Mietrückstände nicht sofort aufgebracht werden, empfiehlt es sich auch, dem Vermieter die Gründe mitzuteilen und ihm eine Ratenzahlung anzubieten. Aber Vorsicht: Keine Angebote machen, die nicht eingehalten werden können! Die Alternative dazu ist eine Vereinbarung zur Stundung der Mietrückstände. Sofern der Vermieter einverstanden ist, kann auf diesen Wegen die Kündigung abgewendet werden.

Wenn die Wohnung erst einmal fristlos gekündigt wurde, kann der Vermieter bei Gericht eine Räumungsklage einreichen. Diese Klage wird per Postzustellungsurkunde oder durch Niederlegung bei der Post zugestellt. Mit der Zustellung der Räumungsklage oder der Niederlegung bei der Post beginnt eine zweimonatige Frist.

Die Mietschulden müssen bis spätestens zwei Monate nach der Zustellung der Räumungsklage beglichen sein, oder eine öffentliche Stelle – wie Sozialamt oder Jobcenter – verpflichtet sich, die Mietrückstände zu bezahlen. Das Sozialamt kann in bestimmten Fällen Mietrückstände übernehmen, um den Wohnungsverlust zu verhindern. Achtung im Wiederholungsfall: Wurde in den letzten zwei Jahren schon einmal wegen Mietrückständen fristlos gekündigt, ist der Vermieter nicht zur Fortsetzung des Mietverhältnisses verpflichtet.

Wer beim Sozialamt einen Antrag auf Übernahme der Mietschulden stellt, weil das Einkommen nicht ausreicht, um die rückständige Miete zu bezahlen, sollte Folgendes beachten: Das Sozialamt wird die Zahlung der Mietrückstände nur bewilligen, wenn die zukünftige Mietzahlung sichergestellt ist und wenn die Übernahme zur Sicherung der Unterkunft „gerechtfertigt“ ist und ohne die Hilfe Obdachlosigkeit droht.

Obdachlosigkeit droht in der Regel bei Kündigung der Wohnung oder bei einer Räumungsklage. Im Sinne der Bestimmungen gerechtfertigt ist eine Übernahme nur, wenn bisher keine Mietschulden aufgetreten sind und wenn die Miete angemessen ist (preiswerter Mietzins und angemessene Wohnraumgröße). Die Mietrückstände können vom Sozialamt als einmalige Beihilfe oder als Darlehen gewährt werden. Wenn allerdings nicht akut Obdachlosigkeit droht, wird das Sozialamt in den seltensten Fällen Hilfe leisten.